Mit der großen, Sektoren übergreifenden Kampagne #LebeFarbe will die Branche das deutsche Einheits-Weiß zurückdrängen und mehr Mut zur Farbe machen – als Ausdruck für Kreativität, Individualität und Persönlichkeit.
Fynn ist ein Herzensbrecher. Und Fynn liebt Grün. Schauspieltalent hat er noch dazu. Das Filmset am Drehort hat der Sechsjährige jedenfalls schon komplett in seinen Bann gezogen. Alles dreht sich um den kleinen Blondschopf, der sich im für den Videodreh angemieteten Einfamilienhaus in Flörsheim schon ganz wie zu Hause fühlt. Fynn macht sein bestes Lausbub-Gesicht, flirtet fast mit der Kamera, zwinkert neben der grünen Farbrolle lustig in die Welt.
„Fynn ist ein super Typ, ein Glücksfall für unseren Film.“ Regisseur Gerson Reschke ist ebenfalls guter Laune, denn er hat schon ganz andere Drehs mit Kindern erlebt. Hier in Flörsheim werkeln 25 Kameraleute, Techniker, Redakteure und Produktionsassistenten unter seiner Regie. „Ein grüner Morgen“ entsteht hier, der zentrale Film der neuen großen Kampagne #LebeFarbe, mit der die Lack- und Druckfarbenindustrie ab Oktober mehr Kreativität in den deutschen Standard aus Weiß, Grau und Schwarz bringen will.
Der Anstoß kam aus der Fachgruppe Bautenfarben, die 2018 mit einer großen Studie herausgefunden hatte, warum in einem boomenden Baugewerbe der eigene Markt für Farben und Lacke stagniert. Schnell stellte sich heraus, dass veränderte Renovierungszyklen Ursache sind, aber auch die mangelnde Bereitschaft, mit Farben in der Wohnung und speziell mit Innenfarben kreativ umzugehen. Eine Meinungsumfrage des VdL ergab schnell Gewissheit: In deutschen Wohnungen herrscht meist noch immer Weiß in fast allen Zimmern. Dazu dominieren Glas, Beton und Stahl den öffentlichen Raum. Gründe gibt es viele: Weiß gilt als praktisch, universal, sauber und kontrollierbar. Ein Einerlei, das sich meist von den europäischen Nachbarn unterscheidet, die vor allem im Süden und Westen Farbe öfter in ihr Leben lassen und kreativ wagemutiger sind.
Der kleine Fynn am Set hat solche Berührungsängste nicht und schwingt munter seine grüne Farbrolle: Er spielt den kleinen Paul, der eines abends im Bett seine Eltern streiten hört. Paul hört unglücklich zu. Wie jedes Kind möchte er, dass sich seine Eltern vertragen, so wie es früher war, als sie zusammen sein Zimmer gestrichen haben; ganz in grün, Pauls Lieblingsfarbe. Und so kommt dem Jungen eine nächtliche Idee….
„Wir wollen mit unserem Film Spannung, echte Emotionen und das Abenteuer eines kleinen Jungen zeigen“, erklärt Produktionsleiter Hans Frisch von der Agentur „Profilwerkstatt“ aus Darmstadt, die die Kampagne #LebeFarbe konzipiert hat und in den nächsten Monaten betreuen wird. Dabei geht es nicht um Produkt-PR, sondern klassisches Storytelling, das sich die Profilwerkstatt - mehrfach dafür ausgezeichnet - auf die Fahnen geschrieben hat: Über kreative Geschichten und Personen sollen Emotionen geweckt und Botschaften vermittelt werden. „Leben will Farbe“ heißt bei dieser Kampagne die Botschaft und soll vermitteln, dass Farben für Individualität, für Ästhetik und Ausdruck stehen. Das sich Persönlichkeit auch in Farben zeigt, und jeder mit ihr seinem Umfeld einen kreativen, wenn nicht gar künstlerischen Ausdruck geben kann. Frisch: „Farbe ist doch der Wahnsinn: Einerseits kannst du Emotionen ausdrücken, und gleichzeitig beeinflusst Farbe deine eigene Stimmung.“ Und allerspätestens hier machen die Bautenfarben nur den Anfang, denn die Kampagne steht für alle Fachgruppen und Sektoren der Farbenindustrie offen:
Zentrum ist die Website unter der Adresse https://www.lebe-farbe.de/. Hier bündelt Pauls Familie – Vater, Mutter, Schwester, Oma und Anstreicher Ingo - die großen Farbfamilien. Und es gibt viele Infos und Facts: Für was stehen Farben? Was bedeuten sie, wie wirken sie, wie werden sie gemacht? Wie streicht man am besten? Der medienwirksame Film wird in die Sozialen Netzwerke gehen und dort für Reichweite bei den Zielgruppen Endverbraucher, Handwerker und Farbinteressierte sorgen. Auf dem Internetportal Pinterest gibt es Gestaltungsbeispiele, Playlists für jede bunte Stimmung, Tipps zur Einrichtung oder zur Gestaltung. Zwei reichweitenstarke Influencer sollen sich mit Farben beschäftigen und die Markenbotschaften werden kreativ im Netz verbreitet. Mit einem „Farbengenerator“ können Instagramer die „Farbe Ihres Lebens“ herausfinden und gleich posten. Ein Gewinnspiel soll das Spielerische betonen, für Interaktion im Netz sorgen.
Mindestens zehn Monate wird die Kampagne dauern und immer wieder Farben und Emotionen, Erinnerungen und Vorlieben verknüpfen. „Die Kampagne kann nicht den Geschmack der Menschen ändern, aber das Image von Farben, die Bereitschaft zum kreativ-bunten Ausprobieren und die Qualität farblicher Gestaltung stärken. Wir wollen Mut zur Farbe machen“, erklärt auch VdL-Geschäftsführer Martin Engelmann das Ziel, an dem alle in den vergangenen Wochen mit viel Energie gewerkelt haben.
Solche Überlegungen sind noch weit weg für den kleinen Paul/Fynn auf seiner hohen Malerleiter in Flörsheim. Er verbreitet gute Laune, wenn er lachend die leuchtend grüne Farbrolle über die weißen Wände rollt und schiebt und gleiten lässt. Paul will noch mehr Grün aus dem Eimer und lässt es vor der Kamera munter spritzen. Der kleine mutige Maler will Spaß – und das ist ja auch eine wichtige Emotion, wenn es um Farben geht. (AS)