Hier erhalten Sie ausführliche Informationen zum Einsatz von Konservierungsmitteln in Farben und Lacken.
1. Warum werden in Wandfarben und Lacken Konservierungsmittel, wie z. B. Isothiazolinone, eingesetzt?
Die Gruppe der Isothiazolinone gehört zu den wenigen Konservierungsmitteln, die gegen eine Vielzahl von Schadorganismen einsetzbar sind und sich auch kombinieren lassen, um Resistenzen vorzubeugen. Sie kommen bei Farben und Lacken, Reinigungsmitteln und auch Kosmetika zum Einsatz. Für den Einsatz von Isothiazolinonen gelten strenge gesetzliche Vorgaben sowie eine Selbstverpflichtung der Farbenindustrie für die Kennzeichnung.
Anders als noch vor 25 Jahren enthalten die meisten Wandfarben keine Lösemittel mehr, sondern hauptsächlich Wasser. Dadurch konnten unter anderem die umweltschädlichen VOC-Emissionen erheblich gesenkt werden. Auch bei den Lacken ist der Lösemittelanteil erheblich reduziert worden.
Allerdings hat diese Entwicklung auch eine Kehrseite: Farben und Lacke auf Wasserbasis sind anfällig für mikrobiellen Befall, genauso wie beispielsweise Joghurt. Bakterien und Pilze finden in wasserbasierten Farben ideale Wachstumsbedingungen vor. Ohne Konservierungsmittel würden rund ein Drittel der Farben in kurzer Zeit im Eimer verderben, noch bevor sie den Verbraucher erreichen. Eine verdorbene Farbe darf nicht mehr verwendet werden. Für die meisten wasserbasierten Farben ist daher die Konservierung die einzig sinnvolle Art, sie vor mikrobiellem Befall zu schützen.
Informationen des Umweltbundesamtes zu diesem Thema finden Sie hier.
2. Sind Isothiazolinone in Farben und Lacken gefährlich?
Nein, Farben und Lacke, die mit Isothiazolinonen konserviert sind, stellen grundsätzlich kein Risiko für Verbraucher dar. Nur bei Personen, die eine so genannte Isothiazolinon-Allergie entwickelt haben, man spricht hier von einer „Sensibilisierung“, kann der Aufenthalt in frisch gestrichenen Räumen unter Umständen zu allergischen Reaktionen der Haut führen. Diese Personen sollten auf konservierungsmittelfreie, speziell für Allergiker geeignete Farben zurückgreifen.
In Farben und Lacken werden Isothiazolinone nach dem Prinzip „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“ eingesetzt. Gesetzliche Grenzwerte für Isothiazolinone schützen Verbraucher davor, eine Allergie gegen Isothiazolinone zu entwickeln.
Die Konzentration in Farben sind somit viel zu gering, um bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zu einer Sensibilisierung von Verbrauchern zu führen. Dies zeigt ein einfacher Vergleich: dermatologische Patch-Tests, mit denen Ärzte testen, ob jemand auf einen Stoff (z. B. Methylisothiazolinon) allergisch reagiert, enthalten 500 bis 2.000 ppm Methylisothiazolinon. Dabei werden die Proben über Tage auf der Haut getragen. Dabei gehen die Dermatologen natürlich davon aus, dass diese Tests keine Sensibilisierung auslösen. In einer Wandfarbe liegt die Methylisothiazolinon-Konzentration typischerweise bei ca. 100 ppm und Spritzer werden nicht über Tage auf der Haut belassen.
3. Enthalten auch Farben und Lacke mit dem Umweltzeichen “Blauer Engel” Konservierungsmittel, insbesondere Isothiazolinone?
Mit dem Umweltzeichen “Blauer Engel” werden emissions- und schadstoffarme Farben gekennzeichnet. Seit über 15 Jahren zeichnet der „Blaue Engel“ dabei Farben aus, deren Konservierungsmittel-Gehalt auf ein Minimum begrenzt ist. Dabei wurden bestimmte Konservierungsmittel festgelegt, die unter strengen Grenzwerten eingesetzt werden dürfen. So konnte sichergestellt werden, dass der Verbraucher vor unerwünschten Nebenwirkungen der Konservierungsmittel geschützt ist und dennoch eine unverkeimte, sichere und haltbare Farbe erhält, im Sinne einer echten Nachhaltigkeit.
Leider hat sich die Jury Umweltzeichen aus wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Gründen dazu entschieden, in Zukunft Konservierungsmittel in Wandfarben komplett zu verbieten. Es ist anzunehmen, dass man sich aufgrund der teilweise sehr unsachlichen medialen Berichterstattung zu diesem Schritt veranlasst sah. Aus Sicht des VdL ist es bedauerlich, dass man die jahrelange Praxis, die Kriterien des Blauen Engels nachhaltig und auf wissenschaftlicher Basis zu formulieren, verlassen hat. Ein komplettes Verbot von Konservierungsmitteln ist weder technisch noch aus Sicht des Verbraucherschutzes notwendig oder sinnvoll. Sowohl konservierungsmittelfreie als auch konservierte Farben haben ihre Berechtigung für verschiedene Anwendungsbereiche und sind sicher verwendbar.
4. Sind Farben, die keinen “Blauen Engel” tragen schlechter als andere?
Nein, das Siegel der „Blaue Engel“ zeigt lediglich an, dass die Farbe die Kriterien dieses Umweltzeichens erfüllt und der Hersteller sich entschieden hat, das Zeichen zu beantragen. So ist letzteres zum Beispiel im Profibereich eher unüblich. Durch die nicht nachvollziehbaren Änderung der Vergabegrundlagen ist es ferner möglich, dass sich in Zukunft Hersteller, die bisher den „Blauen Engel“ beantragt hatten, nun entscheiden werden, darauf zu verzichten.
Welche Aussagekraft ein Umweltzeichen besitzt hängt insgesamt entscheidend davon ab, wie sinnvoll die Kriterien sind. Neben dem „Blauen Engel“ gibt es verschiedene Umweltzeichen wie z.B. das EU Ecolabel oder der Nordic Swan, die verschieden Umweltkriterien definieren. Daher empfiehlt es sich die Kriterien genau zu prüfen. Allergiker sollten sich daher vor allem auf die Inhaltsangaben auf dem Etikett verlassen (siehe unten).
Um die Qualität einer Wandfarbe zu beurteilen, empfehlen Experten vor allem auf Kriterien wie das Deckvermögen, die Nassabriebklasse sowie eine hohe Ergiebigkeit zu achten. Bei geringerem Deckvermögen sind meist zwei oder mehrere Anstriche notwendig, während bei der höchsten Klasse 1 oft bereits ein Anstrich genügt, um eine gleichmäßige Farbdeckung zu erhalten. Wie gut man Schmutz mit einem feuchten Lappen von einer Wand entfernen kann, beantwortet die Nassabriebklasse. Klasse 1 steht für höchste Strapazier- und Reinigungsfähigkeit; meist reicht für den normalen Gebrauch schon die Klasse 2 aus. Moderne hochqualitative Innenwandfarben erreichen heute eine Ergiebigkeit von 6 bis 8 Quadratmeter pro Liter.
5. Wie viele Menschen reagieren allergisch auf Isothiazolinone in Farben und Lacken?
Aus den Veröffentlichungen des “Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK)” lässt sich abschätzen, dass weniger als einer von 1000 Menschen in Deutschland empfindlich auf Methylisothiazolinon, das am häufigsten eingesetzte Konservierungsmittel aus der Gruppe der Isothiazolinone, reagiert.
Untersuchungen zeigen, dass die Zahl der Fälle, bei denen Menschen allergisch auf Isothiazolinone reagieren, zwischen 2009 und 2012 in Deutschland gestiegen ist: Ursache des Anstiegs war den Untersuchungen zufolge der Umstieg der Kosmetikindustrie von Parabenen auf Isothiazolinone als Konservierungsmittel. Aufgrund strengerer gesetzlicher Vorgaben und eigener Anstrengungen der Kosmetikindustrie konnte die Menge der Isothiazolinone in Kosmetikprodukten seitdem jedoch erheblich gesenkt werden, was unmittelbar zu einem Rückgang der Sensibilisierungsfälle seit dem Jahr 2014 geführt hat.
6. Wie kann ich mich als Isothiazolinon-Allergiker schützen?
Allergiker kann man leider nicht durch Grenzwerte schützen, wie jeder, der beispielsweise eine Erdnuss-Allergie oder Heuschnupfen hat, leidvoll erfahren muss. Da man nicht bei allen Farben auf Konservierungsmittel verzichten kann, müssen Allergiker wie bei Lebensmitteln (zum Beispiel “Kann Spuren von Nüssen enthalten”) entsprechend informiert werden. Die deutsche Lack- und Druckfarbenindustrie hat sich bereits im Jahr 2000 zu einer Kennzeichnung sämtlicher Isothiazolinone in Wandfarben unabhängig von der Konzentration verpflichtet. Damit geht die Industrie auch heute noch über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Zudem wurden entsprechende Allergiker-Hotlines eingerichtet, deren Telefonnummer auf der Verpackung angegeben ist. Hier können Allergiker qualifizierte Informationen erhalten – beispielsweise wie Isothiazolinone inaktiviert werden können, damit sie keine Allergien mehr auslösen.
Isothiazolinon-Allergiker sollten beim Kauf von Farben und Lacken darauf achten, ob auf dem Etikett auf die VdL-Richtline 01 hingewiesen wird. Denn dann müssen Isothiazolinone auf der Liste der Inhaltsstoffe angegeben sein. Dies gilt unabhängig von der Konzentration. Darüber hinaus gelten für bestimmte Isothiazolinone gesetzliche Grenzwerte, bei deren Überschreitung der Hinweis “kann allergische Reaktionen auslösen” anzugeben ist. Am sichersten ist es aber für Isothiazolinon-Allergiker, konservierungsmittelfreie Farben zu verwenden.
7. Kann ich auch als Isothiazolinon-Allergiker meine Wand streichen oder muss ich einen Maler beauftragen?
Beides ist möglich: Sowohl für den Heimwerker als auch für Maler gibt es hervorragend geeignete konservierungsmittelfreie Farbe. Sprechen Sie einfach den Malerbetrieb darauf an, oder lassen Sie sich im Baumarkt oder Fachhandel beraten.
8. Warum verzichten die Hersteller nicht generell auf den Einsatz von Konservierungsmitteln in Farben und Lacken?
Ein kompletter Verzicht auf Konservierungsmittel in allen Farben und Lacken ist nach dem aktuellen Stand der Technik nicht möglich.
Konservierungsmittelfreie Wandfarben für Allergiker weisen einen erhöhten pH-Wert auf, wodurch sie in Verbindung mit einer hohen Betriebshygiene ohne Konservierungsmittel auskommen. Sie sind für ihre jeweiligen Anwendungsbereiche exzellent geeignet: Klassische Silikatfarben zum Beispiel werden insbesondere bei historischen Bauten eingesetzt. Sie benötigen einen mineralischen Untergrund, um mit diesem “verkieseln” zu können. Für das Streichen einer Tapete sind sie jedoch nicht geeignet.
Dispersions-Silikatfarben und Sol-Silikatfarben sind dagegen breiter einsetzbar und decken heute einen großen Teil üblicher Anwendungen ab. Gleichwohl ist bei ihnen die Auswahl an Farbtönen und Qualitäten gegenüber klassischen Dispersionsfarben beschränkt. Hinzu kommt, dass viele konservierungsmittelfreie Farben spezielle Rohstoffe (zum Beispiel für die Bindemitteldispersion) benötigen, die nur in begrenztem Umfang verfügbar sind. Die Beschränkung bei der Rohstoffauswahl führt auch zu technischen Einschränkungen: Farben, bei denen die Funktionalität im Vordergrund steht (zum Beispiel Latexfarben, glänzende Lacke, Metallschutzfarben, Holzschutzfarben etc.) können nach dem aktuellen Stand der Technik nicht konservierungsmittelfrei hergestellt werden. Schließlich sind manche dieser Alternativen nur für den Profi geeignet, da ihre Verarbeitung eine hohe Expertise erfordert.
In anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Wasserlacken für Türen und Fenster, gibt es derzeit keine technisch Alternative zu Konservierungsmitteln, da der hohe pH-Wert nicht mit den eingesetzten Rohstoffen kompatibel ist.
9. Warum werden keine neuen Konservierungsmittel entwickelt, auf die niemand allergisch ist?
Die Lack- und Druckfarbenindustrie würde die Entwicklung neuer, toxikologisch unbedenklicher Konservierungsmittel sehr begrüßen. Drei Gründe sprechen allerdings dagegen, dass neue Konservierungsmittel für Farben in naher Zukunft entwickelt werden:
Zum einen ist eine gezielte Forschung nach Wirkstoffen, die die notwendige Breitbandwirkung haben, nur schwer möglich, da hier kaum konkrete Ansatzpunkte für die Entwicklung besteht. Außerdem sind nur wenige Konservierungsmittel mit der Farbe kompatibel. Hier spielen beispielsweise die Oxidationsempfindlichkeit und die Stabilität im richtigen pH-Wert-Bereich eine Rolle, aber auch der Geruch oder die mögliche Bildung von Verfärbungen. Schließlich sind die Entwicklungskosten für neue Konservierungsmittel für Farben – auch aufgrund der strengen gesetzlichen Vorgaben – sehr hoch und der entsprechende Markt relativ klein.
10. Kann ich mich als Isothiazolinon-Allergiker in frisch gestrichenen Räumen aufhalten?
Konservierte Wandfarben können problemlos in Innenräumen verwendet werden. In der Raumluft lassen sich unmittelbar nach einer Renovierung zwar kurzfristig Spuren von bestimmten Isothiazolinonen (z.B. Methylisothiazolinon) messen, allerdings sind diese Konzentrationen zu gering, um eine Sensibilisierung hervorzurufen. Nur bei Personen, die bereits eine Allergie auf Isothiazolinone entwickelt haben, kann der Aufenthalt in frisch gestrichenen Räumen unter Umständen zu Hautreizungen führen. Daher sollte nach dem Streichen eines Innenraumes immer gründlich gelüftet werden. Ansonsten raten wir dazu, die Allergiker-Hotline des Herstellers zu nutzen, um qualifizierte Informationen zu erhalten – beispielsweise wie Isothiazolinone inaktiviert werden können, damit sie keine Allergien mehr auslösen.