Zur Vorbereitung auf die Anhörung am 18. September 2019 hat die Europäische Kommission ihren endgültigen Vorschlag für eine Einstufung von Titandioxid als Gefahrstoff an die Mitgliedstaaten verschickt. Der Geltungsbereich des neuen Vorschlags umfasst weitaus mehr Feststoffgemische als bisher, mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen, wie z.B. einem Verbot von Tuschkästen. Unterdessen wird der Ruf nach einer umfassenden Folgenabschätzung immer lauter.
Der Kommissionsvorschlag zur Einstufung von Titandioxid als „Stoff mit vermutlich krebserregender Wirkung beim Menschen durch Inhalation“ (Kategorie 2) in Anhang VI CLP-Verordnung, erfasst neben pulverförmigem Titandioxid auch pulverförmige Gemische mit Titandioxid. Im Unterschied zum Vorentwurf dehnt der neue Vorschlag den Anwendungsbereich erheblich aus: Danach soll die Einstufung für pulverförmige Gemische mit 1% oder mehr Titandioxid gelten, wenn das Titandioxid entweder selbst in Partikelform vorliegt oder in anderen Partikeln enthalten ist und die jeweilige Partikelgröße 10 Mikrometer nicht überschreitet.
Dazu gehören z.B. Mischungen, die freie Titandioxidpartikel enthalten, aber auch feste Mischungen, in denen Titandioxid in der Matrix gebunden ist, z.B. industrielle Anwendungen wie Pulverlacke, aber vermutlich auch Mörtel, Spachtelmassen und Putze. Alle diese Produkte müssten mit dem Piktogramm GHS08 und dem Gefahrenhinweis „Kann vermutlich Krebs erzeugen durch Einatmen“ (H351) gekennzeichnet werden. Darüber hinaus schließen mehrere EU-Vorschriften den Einsatz von (potentiell) krebserregende Stoffe in bestimmten Produkten ausdrücklich aus, z.B. in Spielzeug. Das würde beispielweise bedeuten, dass Tuschkästen und Knete in der jetzigen Form verboten würden.
Keine Änderung gibt es bezüglich des verpflichtenden Warnhinweises für flüssige, titandioxidhaltige Gemische (z.B. Farben, Lacke, Druckfarben etc.), der aus unserer Sicht ebenfalls nicht gerechtfertigt ist. Aus unserer Sicht fehlt es für eine solche Verpflichtung bereits an einer Rechtsgrundlage, weil die Einstufung selbst ja nur für Titandioxid in Pulverform gilt. Außerdem wäre ein solcher Warnhinweis für sämtliche Farben, Lacke und Druckfarben unverhältnismäßig, da mehr als 99% dieser Produkte überhaupt nicht für Sprühanwendungen verwendet werden. Schließlich wäre ein Warnhinweis auch irreführend, weil auch in Sprühanwendungen das Titandioxid fest in die Bindemittelmatrix eingebunden ist und es daher als solches nicht eingeatmet werden kann.
Vor diesem Hintergrund wird der Ruf nach einer Folgenabschätzung einer Einstufung von Titandioxid immer lauter.