Verbraucherschutz und Produktsicherheit

Lösungswege zur Verhinderung einer Krise

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Die Corona-Krise zeigt eindrucksvoll, dass eine Überregulierung von Bioziden gravierende Konsequenzen für moderne Gesellschaften haben kann. 

Auch wenn die Corona-Pandemie aktuell meist die Diskussion beherrscht, ist es nicht die einzige Herausforderung, mit der die Branche zu kämpfen hat. Seit langem warnt die Industrie davor, dass die regulatorische Verknappung der Konservierungsmittel auf eine Krise zuläuft, welche die Zukunft der wasserbasierten Produkte der Farbenindustrie gefährdet. In unserer Ausgabe 5 vom Juli 2019 hatten wir über einen erfolgreichen Workshop zu diesem Thema auf EU-Ebene berichtet, der auf Initiative des europäischen Farbenverbandes CEPE zusammen mit dem Verband für Wasch- und Reinigungsmittel (A.I.S.E.) in Brüssel stattfand. Im Rahmen vieler Diskussionen auf der Veranstaltung äußerten sowohl die Mitgliedsstaaten als auch die Europäische Chemikalienagentur ECHA Verständnis dafür, dass die Farbenbranche auf Konservierungsmittel angewiesen ist und zeigten sich prinzipiell offen, die aktuelle Bewertungspraxis im Überprüfungsprozess zu überdenken.

Diskussion in EU -Gremien

Das Ziel des VdL und seiner Partner im Nachgang des Workshops war es, die entstandene Dynamik zu nutzen und eine Diskussion in den Expertengremien der Kommission und der Mitgliedsstaaten (den sogenannten CA-Meetings) anzuregen. Umso erfreulicher, dass in zwei CA-Meetings im September 2019 und im Februar 2020 das Thema aufgegriffen und unter Einbindung von CEPE-Experten erneut besprochen wurde. Dabei wurde die Verfügbarkeit von Konservierungsmitteln als wichtiges Thema anerkannt und die Notwendigkeit weiterer technischer Diskussionen betont. Ferner hat die ECHA ein Dokument mit dem Titel „Availability of in-can preservatives and a way forward“ vorgestellt, das mögliche Lösungswege skizziert. Die Diskussion wird aktuell in den toxikologischen Fachgremien der ECHA fortgesetzt. Insbesondere werden dort Vorschläge der Industrie zur qualitativen und quantitativen Risikobewertung bei hautsensibilisierenden Stoffen, auf Basis der ECHA-Leitlinien, intensiv besprochen.

Lehren aus der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie und die damit verbundene Verknappung von Desinfektionsmitteln hat eindrucksvoll gezeigt, dass eine Überregulierung von Bioziden gravierende Konsequenzen haben kann. Nur dank der Allgemeinverfügungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die viele Vorgaben zeitweise faktisch außer Kraft gesetzt haben, und wegen des starken Engagements vieler Firmen der chemischen sowie der Lack- und Druckfarbenindustrie, konnte der Bedarf gedeckt werden. Erst hierdurch wurde vielen Verbrauchern und Politikern bewusst, dass Biozide wichtig sind und eine entscheidende Rolle in der modernen Gesellschaft spielen.

Der Nutzen der Biozide, die in Farben und Lacken eingesetzt werden, erschließt sich dem Verbraucher vielleicht weniger leicht als der von Desinfektionsmitteln, aber er ist dennoch nicht weniger gering: Konservierungsmittel machen Farben und Lacke haltbar und verhindern somit hohe Abfallmengen. Filmschutzmittel helfen, das einwandfreie Aussehen von Fassaden zu erhalten und erhöhen damit die Intervalle für Neuanstriche. Holzschutzmittel machen heimische Hölzer widerstandsfähiger und sorgen dafür, dass diese nachwachsenden Rohstoffe für viele Bereiche erst einsatzfähig sind. Alles dies sind entscheidende Aspekte einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Wirtschaft, wie sie auch im „Green Deal“ der EU-Kommission gefordert werden.

Praktikable Lösungswege benötigt

Aus Sicht des VdL ist es sehr erfreulich, dass nun endlich konstruktiv über Lösungen auf EU-Ebene gesprochen wird, nachdem sich die Diskussion lange vor allem darum gedreht hat, ob Konservierungsmittel überhaupt nötig sind. Aufgrund der Komplexität des Themas ist das Finden von Lösungen natürlich alles andere als trivial, und es zeichnen sich bereits jetzt erste Schwierigkeiten in den toxikologischen Fachgremien der ECHA ab, sich auf einen Ansatz zur Risikobewertung zu einigen. Dennoch ist es unerlässlich, dass die Diskussion unter Beteiligung aller Mitgliedsstaaten fortgesetzt wird, um praktikable Lösungswege zu finden, damit es nicht zu der befürchteten Krise kommt. Zusammen mit seinen Partnern steht der VdL hierzu im Dialog mit den zuständigen deutschen Behörden und Ministerien.


Dr. Christof Walter
ist Leiter Technik beim VdL
mit den Schwerpunkten Biozide,
Druckfarben und Produktinformationen.
walter@vci.de