Verbraucherschutz und Produktsicherheit

Fragen und Antworten – Fassadenschutz durch Filmschutzmittel

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Warum können Fassaden von Mikroorganismen befallen werden?

Mikroorganismen umgeben uns überall. Pilzsporen und Algen finden sich in der Umgebungsluft und siedeln sich insbesondere dort an, wo sie gute Wachstumsbedingungen vorfinden. An Außenwänden sind Sauerstoff, Kohlendioxid und Licht naturgemäß vorhanden. Das entscheidende Kriterium für deren Befall mit Mikroorganismen ist daher die Verfügbarkeit von Feuchtigkeit an der Außenwand. Diese ist wiederum stark abhängig von Witterung, Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit. Zusätzliche Faktoren sind bauliche Maßnahmen, die Temperaturverhältnisse an der Außenwand sowie chemische und physikalische Eigenschaften der jeweiligen Oberfläche. Gerade in der modernen Architektonik sind die Fassaden oft wenig bis gar nicht gegen Regen geschützt. Aber selbst bei einem signifikanten Dachüberstand ist kein vollständiger Schutz vor Schlagregen, Wasserdampf, Spritzwasser oder Betauung gewährleistet. Einen guten Überblick über die Thematik bietet das Merkblatt „Mikrobiologischer Bewuchs auf Fassaden“.


 Wie wichtig ist die Dämmleistung der Außenwand?

Bei der Kondensation spielt die Dämmleistung der Außenwand eine wichtige Rolle. Bei schlecht gedämmten Häusern ist die Außenwand in der Heizperiode deutlich wärmer als ihre Umgebung, was Kondensation erschwert bzw. die Trocknung einer regennassen Fassade begünstigt. Durch effizient gedämmte Wände wird die Temperatur an der Außenwand von der Innenraumtemperatur entkoppelt. Dadurch kann sich die Fassadenoberfläche – ähnlich wie das Blech einer Autokarosserie – auf Temperaturen unterhalb der Lufttemperatur abkühlen. Wenn dabei die „Taupunkttemperatur“ unterschritten wird, schlägt sich Kondenswasser nieder.
 

Welche konkreten Auswirkungen haben Algenwachstum, Schimmel und Pilzbefall?

Fassaden erfüllen neben bauphysikalischen Aufgaben auch gestalterische Anforderungen. Der Befall mit Algen und Pilzen ist deshalb vor allem aus ästhetischen Gründen meist unerwünscht und Besitzer ergreifen meist geeignete Maßnahmen zur Beseitigung. Es kann aber auch zu juristischen Auseinandersetzungen kommen, wenn sichtbare Beläge schon innerhalb der Gewährleistungszeit auftreten. Neben ästhetischen Gesichtspunkten erhöht das Vorhandensein von Mikroorganismen auf der Oberfläche ferner den Feuchtigkeitsgehalt, der eine spätere Beschädigung der Beschichtung und des darunter liegenden Substrats nach sich ziehen kann.


Reicht es nicht aus, Fassaden regelmäßig zu reinigen?

Um die Ansiedlung von Mikroorganismen zu verhindern, müssten die Fassaden regelmäßig gereinigt werden, was mit hohen Kosten und negativen Umweltauswirkungen verbunden wäre. Eine Schätzung der Europäischen Vereinigung der Lack-, Druckfarben- und Künstlerfarbenindustrie (CEPE) hat ergeben, dass das Reinigen der Fassaden in Europa jährlich bis zu 600 Milliarden Liter Wasser verbrauchen und einen Energieverbrauch von 166 Millionen Liter Öl nach sich ziehen würde, was einem CO2 Ausstoß von und 400 000 Tonnen entspricht.


Welche baulichen Möglichkeiten gibt es, den Befall zu verhindern?

Grundsätzlich ist es wesentlich nachhaltiger, den Befall zu verhindern, als schon bestehenden Bewuchs zu bekämpfen. Verschiedene bauliche Maßnahmen können hierzu beitragen: Dazu gehört die Verwendung von Dachüberständen, von funktionstüchtigen Horizontalabdeckungen und entsprechenden Tropfkanten. Allerdings ist dies nicht immer ausreichend bzw. architektonisch umsetzbar. Viele Parameter, wie z.B. die Ausrichtung des Hauses und die Witterungsbedingungen sind außerdem nicht frei wählbar. Daher ist der Einsatz von Konservierungsmitteln oft ratsam.
 

Was sind Filmschutzmittel?

Laut EU-Verordnung handelt es sich bei Filmschutzmitteln um Produkte zum Schutz von Beschichtungen gegen mikrobielle Schädigung oder Algenwachstum zwecks Erhaltung der ursprünglichen Oberflächeneigenschaften. Die Zulassung erfolgt nach einer komplexen Prozedur: Dadurch wird ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt erreicht. Das Verfahren verläuft zweistufig: Zunächst muss der Wirkstoff von der EU-Kommission für die jeweils vorgesehene Verwendung genehmigt werden. Dann wird über die Zulassung der konkreten Produkte entschieden, die auf diesem Wirkstoff basieren. Bei der Zulassung werden die Expositionsszenarien auf Mensch und Umwelt bewertet, wozu auch die mögliche Auswaschung des Wirkstoffes aus den behandelten Oberflächen gehört. Im Rahmen der aktuellen Bewertung aller auf dem Markt befindlichen Wirkstoffe stehen aufgrund von gesetzlichen Beschränkungen immer weniger biozide Wirkstoffe für die Anwendung in Fassadenbeschichtungen zur Verfügung. Aktuell sind vor allem folgende Wirkstoffe einsetzbar:

Algizide:  Diuron, Isoproturon, Terbutryn, (DCOIT),OIT (in hohen Konzentrationen)
Fungizide:  DCOIT, IPBC, OIT, Zink-Pyrithion

Oft wird in der medialen Berichterstattung behauptet, dass die Filmschutzmittel Stoffe enthalten, die in der Landwirtschaft längst verboten sind. Dies ist so nicht richtig. Von den genannten Stoffen hatten lediglich Diuron und Terbutryn früher eine Bedeutung in der Landwirtschaft.  Zwar ist richtig, dass diese dort in der EU nicht mehr eingesetzt werden, jedoch wurden sie nicht verboten, vielmehr wurde von den Herstellern aus verschiedenen Gründen keine Verlängerung der Zulassung beantragt.  


Wie werden Filmschutzmittel eingesetzt?

Filmschutzmittel verhindern den Bewuchs der Oberfläche durch Mikroorganismen. Die Wirkstoffe müssen dafür einerseits an der Oberfläche verfügbar sein, andererseits ist eine signifikante Auswaschung aus ökologischen und ökonomischen Gründen unerwünscht. Konkrete Produkte enthalten oft eine Kombination mehrerer Wirkstoffe. Die Gesamtkonzentrationen liegen typischerweise unter 1 % bezogen auf die zu schützende Beschichtung. Fassadenschutz muss über viele Jahre wirken. Ein guter Schutz beinhaltet, dass die Wirkstoffe über einen langen Zeitraum – idealerweise bis zum nächsten Anstrich – an der Oberfläche verfügbar sind. Seit etlichen Jahren werden daher verkapselte Wirkstoffe eingesetzt, die nur sehr langsam auswaschen. Insgesamt werden Filmschutzmittel nach der Devise „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ eingesetzt. Moderne Technologien helfen dabei, ein Optimum aus Wirksamkeit und möglichst günstigem ökologischen Profil zu finden.


Sind Filmschutzmittel aus Fassaden ein Problem für die Umwelt?

Durch Extremwetter wie beispielsweise Schlagregen können Stoffe aus Gebäudeteilen ausgewaschen werden (sogenanntes Leaching). Mit moderner Analytik kann man selbst geringste Spuren dieser Stoffe finden. Dies stellt jedoch an sich keine Gefährdung für die Umwelt dar. Zur Beurteilung, ob der Austrag problematisch ist, ist natürlich die Menge und sein Verbleib entscheidend. So gibt es Stoffe, die äußerst schnell abgebaut werden, sobald sie aus der Beschichtungsmatrix herausgelöst werden. Grundsätzlich muss betont werden, dass mögliche Expositionen im Zulassungsprozess der entsprechenden Konservierungsmittel genauestens berücksichtigt werden. Nur wenn gezeigt werden kann, dass die Exposition nicht zu einem Risiko für die Umwelt führt, erfolgt eine Zulassung. Deshalb wird die Thematik von der Branche sehr ernst genommen und deshalb wurde und wird in verschiedenen Forschungsvorhaben, die von der Branche initiiert wurden, die mögliche Austragung genauestens untersucht.


Gibt es auch Fassadenfarben ohne Filmschutzmittel?

Selbstverständlich sind am Markt auch Fassadenfarben ohne Filmschutzmittel verfügbar, die den mikrobiellen Bewuchs auf andere Weise verhindern bzw. verzögern sollen, z.B. durch Alkalität. Es muss abhängig von den lokalen Gegebenheiten und der Befallswahrscheinlichkeit von Fall zu Fall entschieden werden, ob eine biozidhaltige oder eine biozidfreie Farbe die nachhaltigere Lösung ist. 
 

Was ist dran an Medienberichten, die vor gefährlichen Biozide aus Fassaden warnen?

Neben den  Initiativen der Branche untersuchen auch Forscher von öffentlichen Einrichtungen und Universitäten, inwieweit Stoffe aus Bauprodukten herausgelöst werden und ob dies in Mengen geschieht, die ein Problem für die Umwelt darstellen. Ein aktuelles Beispiel sind die Untersuchungen der Universität Lüneburg. Solche Forschungsvorhaben sind sehr zu begrüßen. Leider werden die in Fachpublikationen veröffentlichten Ergebnisse in den Medien oft reißerisch oder schlicht falsch dargestellt. Da mittels der modernen Analytik selbst winzigste Mengen gefunden werden können, bedeutet der Fund eines Stoffes nicht zwangsläufig, dass ein Problem besteht. Bedauerlicherweise ist dies in der Öffentlichkeit nicht hinreichend bekannt, was manchmal zu einer irreführenden Berichterstattung führt. So lagen beispielsweise die im Gewässer gefunden Mengen in der oben erwähnten Studie im Bereich von einigen Nanogramm pro Liter (1 ng/L = 0,000 000 001 g/L, dies entspricht 0,000 001 Milligramm).  Das ist weniger als ein Tausendstel Salzkorn auf einen Liter Wasser.  Selbst im Ablaufwasser von der Fassade waren die gefundenen Mengen so klein, dass man täglich über 4000 Liter des direkten Ablaufwassers trinken müsste, um die Grenzwerte zu erreichen durch die eingesetzten Biozide. Natürlich liegen diese geringen Mengen auch weit unter den gesetzlich vorgegebenen Schwellenwerten.