Neue Vorgaben für Umladeflächen und Löschwasserrückhaltung
Im Sommer 2017 trat nach mehrjähriger Diskussion die Bundesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen – kurz AwSV – in Kraft. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Verordnung einer Überarbeitung bedarf, wurden in dem Rechtstext doch aufgrund der langwierigen Verhandlungen noch die im Jahr 2015 ungültig gewordenen R-Sätze zur Bestimmung der Wassergefährdungsklasse (WGK) aufgeführt. So verwundert es nicht, dass im November 2019 der Referentenentwurf einer ersten Verordnung zur Änderung der AwSV veröffentlicht wurde.
Entgegen der Ankündigung, dass die Änderungsverordnung nicht zum Ziel habe, neue inhaltliche Vorgaben zu machen oder das bestehende Anforderungsniveau neu zu beschreiben, sieht der Entwurf insbesondere für Umschlagsanlagen und die Löschwasserrückhaltung Änderungen vor. Diese könnten in der Praxis große Auswirkungen haben.
UMLADEFLÄCHEN ALS UMSCHLAGSANLAGEN
Schon unter den derzeit gültigen Vorgaben der AwSV entstanden in den letzten Jahren immer wieder Diskussionen in einzelnen Bundesländern, inwieweit Umladeflächen, auf denen ein LKW mittels Gabelstapler ausgeladen wird, als Umschlagsanlagen nach AwSV gelten. Grundlage dieser Diskussion bilden unzureichende Definitionen; so ist der Prozess des Umschlagens in der AwSV definiert als „[…] das Umladen von wassergefährdenden Stoff en in Behältern oder Verpackungen von einem Transportmittel auf ein anderes“. Wurde bisher der Gabelstapler meist als Förderhilfsmittel bezeichnet, wird er zwischenzeitlich immer häufiger als Transportmittel angesehen. Eine offizielle Definition existiert hier nicht. Hierdurch könnten die Regelungen des § 28 der AwSV greifen, wonach die Flächen flüssigkeitsundurchlässig auszulegen wären und Niederschlagswasser als Abfall oder Abwasser entsorgt werden müsste.
Der Versuch des Bundesumweltministeriums, in der Verordnung Vereinfachungen oder Ausnahmen aufzunehmen, gelingt in dem Referentenentwurf leider nicht ausreichend. Zwar werden Flächen ausgenommen, die dem fließenden oder ruhenden Verkehr vorbehalten sind, um das Abladen von LKW, beispielsweise an Drogerien, aus dem Anwendungsbereich zu halten. Doch die vorgeschlagene Bagatellgröße von 50 Tonnen flüssiger wassergefährdender Stoffe, die pro Jahr umgeschlagen werden, oder von 50 Umschlagsvorgängen pro Jahr, dürfte in der Praxis wenig hilfreich sein. So wären nach diesem Vorschlag unter Umständen Flächen, auf denen mehr als ein LKW pro Woche entladen wird, als Umschlagsanlagen anzusehen und auszurüsten.
Der VdL setzt sich daher für die Einführung einer Bagatellgröße von der Verpackungseinheit von 1,25 Kubikmeter (= IBC) ein. Dieser Ansatz würde dem Ziel des Gewässerschutzes gerecht, da für das Risiko einer Stofffreisetzung bei Unfällen mit Gabelstaplern in der Regel das Volumen der größten Verpackungseinheit in Betracht zu ziehen ist und nicht die Menge, die jährlich umgeschlagen wird.
NEUREGELUNG DER LÖSCHWASSER RÜCKHALTUNG
In der Änderungsverordnung der AwSV wird auch die Löschwasserrückhaltung bei Brandereignissen neu geregelt. Demnach sollen in § 20 neue Ausnahmeregeln und Vorgaben eingeführt werden. Die Details der Löschwasserrückhaltung sollen in einer neuen Anlage 2a geregelt werden. Während die Vorgaben für die Rückhaltung des Löschwassers nur wenige Überraschungen aufweisen, sind insbesondere die Ausnahmeregelungen umstritten. So bedürfen Anlagen unter anderem keiner Löschwasserrückhaltung, wenn mit ausschließlich nicht brennbaren Stoffen oder Gemischen in nicht brennbaren Behältern oder Verpackungen in Anlagen, die im Wesentlichen aus nicht brennbaren Materialen bestehen, umgegangen wird. Definitionen sucht man hier jedoch vergeblich.
Während die Bagatellgrenze zur Notwendigkeit einer Löschwasserrückhaltung derzeit noch abhängig von der Wassergefährdungsklasse der vorhandenen Stoffe und Gemische ist (100 Tonnen für WGK 1-Stoffe, 10 Tonnen für WGK 2-Stoffe und 1 Tonne für WGK 3-Stoffe), sieht der Referentenentwurf nun eine allgemeine Bagatellgrenze von 5 Tonnen wassergefährdender Stoffe vor. Dies würde dazu führen, dass insbesondere Betriebe, die hauptsächlich mit wassergefährdenden Stoffen und Gemischen der Klassen 1 und 2 umgehen, bei Neubauten oder Änderungen an der Anlage künftig vermehrt eine Löschwasserrückhaltung vorsehen müssten.
Da in der Verordnung nicht explizit darauf hingewiesen wird, dass für nach derzeit gültigem Recht errichtete Anlagen in Bezug auf die Löschwasserrückhaltung Bestandsschutz besteht, könnte in Zukunft auch die Rückhaltung von Löschwasser in bestehenden Anlagen zu großen Diskussionen mit Behörden führen. Hier setzt sich der VdL – gemeinsam mit dem VCI – aktiv für eine Beibehaltung der alten Bagatellgrenzen und -mengen ein. Mit einer Veröffentlichung der aktualisierten AwSV und einem Inkrafttreten der neuen Vorgaben ist nach derzeitigem Stand wahrscheinlich im Jahr 2021 zu rechnen.