Umwelt und Sicherheit

Mikrokunststoffe: Steigender Druck

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Bereits im Januar 2019 hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) einen Vorschlag zur Beschränkung von Mikrokunststoffen, die bestimmten Produkten absichtlich zugesetzt werden, erarbeitet. Der Vorschlag zielt auf Produkte ab, aus denen Mikrokunststoffe in die Umwelt freigesetzt werden. Komponenten von Farben, Lacken und Druckfarben fallen ebenfalls unter die vorgeschlagene Definition für Mikrokunststoffe und sind damit direkt von dieser Regelung betroffen.

Neben einem Verwendungsverbot in bestimmten Produkten sieht die Regelung auch umfangreiche Kennzeichnungs- und Berichtspflichten für Hersteller und industrielle Verwender von vielen Polymeren (Kunststoffen) und polymerhaltigen bzw. polymerbeschichteten Materialien vor. Das Beschränkungsverfahrung hat sich bis heute mehrfach verzögert, ein Vorschlag der EU-Kommission für diese Beschränkung absichtlich zugesetzter Mikrokunststoffe wird für dieses Frühjahr erwartet.

Bestrebungen auch unbeabsichtigt freigesetztes Mikroplastik zu regulieren

Neben dem Beschränkungsverfahren startete Anfang März eine weitere Konsultation zu nicht beabsichtigt freigesetzten Mikrokunststoffen. Diese ist Teil der Initiative „Umweltverschmutzung durch Mikroplastik – Maßnahmen zur Eindämmung der Umweltfolgen“ der EU-Kommission. Diese Initiative bewertet Mikroplastik, welches unbeabsichtigt in die Umwelt gelangt, beispielsweise durch Zerkleinerung oder Abrieb bei Verwendung eines Produkts. Im Fokus stehen dabei diejenigen Produkte und Quellen, bei denen die höchste Freisetzung von Mikroplastik erwartet wird. Hier werden neben Kunststoffgranulaten, Textilien und Reifenabrieb auch Farben – beispielsweise Fassaden-, Schiffs- und Straßenmarkierungsfarben – genannt und in der Konsultation eingeschätzt.

Bisher ist nicht festgelegt worden, ob die Ergebnisse der Einschätzungen zur unbeabsichtigten Freisetzung von Mikroplastik in eine spezielle Regulierung münden, dennoch ist hier ein enormer Druck auf die Hersteller – parallel zur Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit – wahrzunehmen.

Fallen Farben und Lacke unter die Definition von Mikroplastik?

Die Basis, auf der die Diskussionen zu beiden Vorhaben fußen, ist natürlich die Definition von Mikroplastik. Im REACH-Verordnungstext sind bisher nur Polymere definiert.

Der Beschränkungsvorschlag der ECHA sieht für Mikroplastik folgende Definition vor: „Mikroplastik: Partikel, die ein festes Polymer enthalten, denen gegebenenfalls Zusatzstoffe oder andere Substanzen zugesetzt wurden, und bei denen ≥ 1 % (w/w) der Teilchen (i) alle Abmessungen ≤ 5 mm oder (ii) eine Länge von ≤ 15 mm und ein Verhältnis von Länge zu Durchmesser Verhältnis von >3 aufweisen.“ Polymere werden als Bindemittel und polymere Additive in Farben und Lacken eingesetzt und sind damit wesentliche Komponenten einer Beschichtung. Liegen diese Polymere  in partikulärer und fester Form in Farben und Lacken vor und sind nicht wasserlöslich, würden sie demnach der ECHA-Definition von Mikroplastik entsprechen.

Im Beschränkungsvorschlag der ECHA werden Methoden genannt, wie der Aggregatzustand ermittelt werden kann. Die Bindemittel sind notwendig, um die Filmbildung in Beschichtungen zu ermöglichen, indem sie sich und die Komponenten von Farben und Lacken miteinander und mit dem Untergrund verbinden. Durch die Filmbildung, wie Trocknung und Härtung, entsteht eine auf dem Untergrund haftende, harte und mechanisch beständige Schicht. Polymere verlieren durch den Prozess der Filmbildung die Partikeleigenschaft von Mikroplastik.

von Aline Rommert, VdL-Referentin für Produktsicherheit, Nanotechnologie, technische Gesetzgebung und REACH.


Kann Mikroplastik aus Farben in die Umwelt gelangen?

Mit der aktuellen Diskussion über die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik stellt sich die Frage, inwiefern Farben und Lacke hierzu beitragen. Das Ausmaß der Verunreinigung wird in Europa im Vergleich zu dem, was über Flüsse in Asien in die Meere fließt, sicherlich gering sein. Aber auch in Europa sollte man dies im Fokus haben.

Wie kann man eine Freisetzung von Farben und Lacken in die Umwelt verhindern bzw. verringern?

  • Farben und Lacke sollten entsprechend der technischen Anforderungen ausgewählt werden, denn Außenbeschichtungen sind natürlichen Witterungsbedingungen und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Das Ausmaß der Freisetzung hängt u.a. von der Qualität und Zusammensetzung der verwendeten Farben ab. Je besser die Witterungsbeständigkeit, desto weniger Farbreste lösen sich ab.
  • Bei der Verwendung von Farben und Lacken im Freien sollte der Untergrund stets abgedeckt werden. Für den Auftrag sollten spritzarme Techniken mit Pinsel oder Rolle oder nebelarme Spritztechniken gewählt werden.
  • Pinsel und Rollen sollten nach der Verwendung nicht unter dem Wasserhahn gereinigt werden, denn so können Farbreste ins Abwasser gelangen.
  • Reste von Farben und Lacken sollten nie über die Kanalisation entsorgt werden. Entweder lässt man Farbreste im Behälter austrocknen und entsorgt diese über den Hausmüll, oder man gibt flüssige Farben und Lacke beim örtlichen Wertstoffhof ab.
  • Bei Renovierungsarbeiten im Freien sollten anfallende Farbreste stets gesammelt werden, z. Bsp. sind beim Schleifen die Stäube in einem an der Schleifmaschine befestigten Beutel oder Staubsauger aufzufangen.
  • Die Hersteller von Farben und Lacken investieren kontinuierlich in neue Technologien und entwickeln ihre Produkte hinsichtlich Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit stets weiter. Dazu gibt es auch Untersuchungen zur Abwitterung von Außenbeschichtungen.
  • Ins Abwasser freigesetzte Farbpartikel werden in den Wasseraufbereitungsanlagen der Kläranlagen zuverlässig herausgefiltert. Hier ist es aber wichtig, dass der Klärschlamm nicht in die Umwelt ausgetragen wird.

Wie hoch die Freisetzung von Farben und Lacken in die Umwelt ist, hängt auch vom Verhalten der Verwender ab.


Pinsel und Rollen: Video zeigt umweltbewussten Umgang

Ein neues Video soll Verbrauchern und Heimwerkern einen umweltfreundlichen Umgang mit Malerutensilien aufzeigen und dadurch unnötige Umweltbelastungen vermeiden.

Wir empfehlen folgende Handlungsweise:

Zwischen den Malerarbeiten sollten Heimwerker die Pinsel und Rollen luftdicht verpacken, so dass sie einige Tage lang verwendbar bleiben. Für eine geplante spätere Verwendung können sie die Pinsel in einem Wassereimer reinigen und den Eimer später einfach beim Wertstoffhof abgeben. Werden sie nicht mehr benötigt, können Heimwerker vollständig getrocknete Pinsel im Hausmüll entsorgen.

Hier sehen Sie das Video.

Die Videoanleitung ist in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Farbenverband VVVF und dem europäischen Farbenverband CEPE entstanden.


Dr. Sandra Heydel
arbeitet beim Verband als Referentin
Technische Gesetzgebung mit Schwerpunkt
Bauprodukte, Innenraumluft und Nachhaltigkeit.
heydel@vci.de