Umwelt und Sicherheit

Die Zeit wird knapp

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Im vergangenen Jahr haben die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur Umsetzung der harmonisierten Meldungen an Giftinformationszentren aufgeschreckt. Gerade bei Farben und Lacken gibt es große Defizite.

Die Studie schätzt, dass die Zahl der Neuanmeldungen der europäischen Farben- und Lackhersteller von 150.000 auf 44,5 Millionen pro Jahr ansteigt – das entspräche einer Steigerung um das 300-fache. Für deutsche Hersteller wäre mit ca. 11 Millionen Meldungen zu rechnen.

Dieser Aufwand ist alles andere als gerechtfertigt: Denn nach Auskunft des Giftinformationszentrums Nord betrafen 2018 von insgesamt 42.692 Anrufen lediglich 395 „Anstrichstoffe“, also weniger als ein Prozent. Zu Vergiftungssymptomen durch Farben und Lacke kam es nur in wenigen Einzelfällen, von denen kein einziger schwere Folgen hatte. Dagegen wurden weit über die Hälfte der Fälle als „symptomlos“ oder „nicht beurteilbar“ bewertet.

Enorme Anzahl an Änderungen

Seitdem wird intensiv an einer zweiten Änderung des Anhang VIII der CLP-Verordnung gearbeitet, um die durch die Machbarkeitsstudie identifizierten Probleme zu lösen. So wurden auch für Farben, Lacke und Druckfarben Vorschläge unterbreitet, um die enorme Anzahl der Meldungen zu reduzieren. Ein Punkt, den die Machbarkeitsstudie herausgestellt hat, war der Verkauf von individuell auf Kundenwunsch angemischten Farben und Lacken, sogenannten „bespoke paints“. Eine Meldung für diese Farben vor dem Inverkehrbringen ist aber durch die Baumärkte nicht zu realisieren. Deshalb sieht der Vorschlag der Kommission nun vor, die individuell angemischte Farbe von der Meldung an die Giftinformationszentren auszunehmen.

Die darin verwendeten Bestandteile – wie etwa die Basisfarbe oder die Farbpasten – müssen natürlich gemeldet sein. Deren Rezepturidentifikatoren (UFIs) müssen auf der individuell gemischten Farbe in der Nähe des Etiketts und konzentrationsabhängig absteigend angebracht werden. Ab einer Konzentration von mehr als 5 Prozent, schlägt die Kommission vor, wäre dann die genaue Konzentration anzugeben.

Generell ist diese Ausnahmeregelung zu befürworten. Gleichwohl gibt es einige Kritikpunkte, die sowohl im Rahmen einer Webkonferenz von CARACAL (Expertengremium zu REACH und CLP) als auch von Unternehmen und Verbänden kommuniziert wurden: Aufgrund der dann möglichen Vielzahl von UFIs auf dem Gebinde, schlagen wir vor, die UFIs der farbgebenden Komponenten erst ab einer Grenzkonzentration von 10 Prozent anzugeben.  Auf die Angabe genauer Konzentrationen bzw. Konzentrationsbereichen sollte dabei verzichtet werden. Durch die Zugabe der Farbpasten ändern sich weder Einstufung und Kennzeichnung noch die im Havariefall anzuwendenden Maßnahmen.

VdL fordert eine Verschiebung

Ursprünglich war vorgesehen, diese Regelung ab 1. Januar 2021 greifen zu lassen. Angesichts der Vielzahl von Mischstationen erscheint es unmöglich, diese in wenigen Monaten auf die neuen Regelungen umzustellen. Der VdL fordert daher eine Verschiebung, die uns genügend Zeit gibt, die Mischstationen und deren Software anzupassen; idealerweise der 1. Januar 2024, also der Beginn der Meldefrist für Gemische mit industrieller Verwendung.

Auch andere individuell getönte Produkte, wie etwa Putze, durch diese Regelung abdecken zu können, empfehlen wir den Begriff „bespoke paints“ in „colour mixtures“ zu ändern. Und da die Praxis des Anmischens nach Kundenwunsch auch bei industriell hergestellten Farben und Lacken durchaus gängig ist, schlagen wir vor, die Ausnahme von der Meldung auch auf solche industriell auf Kundenwunsch gefertigte Gemische auszuweiten.

 

Straffer Zeitplan 

Für das weitere Vorgehen hat sich die Kommission einen straffen Zeitplan
gesetzt. So ist die Verabschiedung der 2. Änderungsverordnung für August
2020 vorgesehen. Danach haben Rat und Parlament zwei Monate Zeit zum 
Prüfen. Eine Veröffentlichung im Amtsblatt könnte dann frühestens Anfang
November erwartet werden. Somit blieben nicht einmal zwei Monate zur
Umsetzung bis am 1. Januar 2021 die Fristen für die Meldung für
Verbraucherprodukte und für Produkte mit professioneller Verwendung greift.
Aus heutiger Sicht ist es unwahrscheinlich, dass bis dahin alle
Hilfestellungen und IT-Tools umgestellt und in den Firmen implementiert
sind.

 


Aline Rommert
ist beim Verband Referentin für
Produktsicherheit, Nanotechnologie,
technische Gesetzgebung und REACH.
rommert@vci.de