In der Sommerpause 2018 wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) ein neuer Referentenentwurf der „Ersten Verwaltungsvorschrift zum Bundes- Immissionsschutzgesetz – Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ (kurz: TA Luft) veröffentlicht. Ziel ist es, das Verfahren noch in diesem Jahr abzuschließen.
Die TA Luft, die Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe und technische Anforderungen für Industrieanlagen vorgibt, befindet sich bereits seit einigen Jahren in der Überarbeitung. Erste Überlegungen, die 16 Jahre alte Verwaltungsvorschrift anzupassen, gibt es schon länger. Im Sommer 2014 kündigte das Bundesumweltministerium (BMU) offiziell an, die bestehende TA Luft punktuell überarbeiten zu wollen. Ziel sollte sein, die grundsätzliche Struktur und Systematik aufrechtzuerhalten, dabei aber die Verwaltungsvorschrift an die CLP-Verordnung und den aktuellen Stand der Technik anzupassen. Ein Abschluss des Verfahrens war eigentlich für Sommer 2017 vorgesehen, jedoch konnte der Termin nicht gehalten werden. Im Juli 2018 hat das BMU nun überraschend für alle Beteiligten fast eineinhalb Jahre nach dem letzten bekannten Entwurf einen neuen Referentenentwurf der TA Luft veröffentlicht, zu dem erst nach massiver Kritik der Industrie eine offizielle Beteiligung der betroffenen Kreise möglich wurde.
Punktuelle Anpassung versus Realität
Dass die ursprüngliche Ankündigung des BMU, die TA Luft nur punktuell zu überarbeiten, nicht aufrechterhalten werden kann, zeigte sich dabei schon früh: In regelmäßigen Abständen veröffentlichte das BMU 2015 Teilentwürfe und verteilte diese zur Kommentierung. Auch einzelne Fachgespräche, zu denen Behörden und Industrievertreter geladen wurden, fanden auf Basis dieser Teilentwürfe recht früh im Prozess statt.
Im September 2016 folgte dann der erste vollständige Entwurf, der in die Verbändeanhörung eingebracht wurde. Dieser im Vergleich zu der Version der TA Luft aus dem Jahr 2002 im Änderungsmodus erstellte Entwurf umfasste fast 500 Seiten. Er enthielt Änderungen, die die gesamte Industrie massiv betroffen hätten. So nahmen neben dem VdL etwa 50 Verbände der verschiedensten Industrien an der Anhörung teil und brachten ihre Positionen im Dezember 2016 ein. Bereits hier zeigte sich, dass ein rascher Abschluss des Verfahrens unwahrscheinlich war. Der VdL hatte sich im Vorfeld an der ausführlichen Stellungnahme des VCI beteiligt und nur die die Lack- und Druckfarbenhersteller zusätzlich betreffenden Aspekte kommentiert. So wurde schriftlich und mündlich insbesondere auf die Kriterien zur Einstufung von organischen Stoffen in die sogenannte Klasse I der TA Luft Bezug genommen.
Gespräche konnten Entwurf entschärfen
Die Aufnahme neuer Einstufungskriterien und die Streichung der Berücksichtigung der Wirkungsstärke bei Stoffen mit Verdacht auf eine reproduktionstoxische Wirkung hätten dazu geführt, dass eine Vielzahl an Lösemitteln wie Xylol, Butanol oder Toluol in die Klasse I der TA Luft einzustufen gewesen wäre und somit neben der Einhaltung strengerer Grenzwerte auch eine aufwendige Umrüstung der Anlagen notwendig geworden wäre, ohne dass sich die Gefährlichkeit der Stoffe geändert hätte. Durch die Teilnahme an mehreren Fachgesprächen und Gesprächen mit dem BMU und dem UBA ist es gelungen, dass diese Änderungen nicht in den aktuell veröffentlichten Entwurf übernommen wurden. Trotzdem weist der Entwurf noch immer einen Großteil der während der Anhörung, der Kommentierung und der Fachgespräche aufgebrachten Kritikpunkte auf, wie beispielsweise Vorgaben zur Energieeffizienz, die Aufnahme der Geruchsimmissionsrichtlinie sowie neue Punkte wie die Berücksichtigung von störfallrelevanten Änderungen. Ob der durch das Ministerium derzeit vorgesehene Zeitplan eingehalten werden kann, erscheint daher erneut wenig realistisch, bleibt aber abzuwarten.
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