Lacke & Farben aktuell

Wirtschaftliche Lage: Unsicherheiten nehmen zu

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Ungeachtet der Schwierigkeiten, eine verlässliche Prognose zur Konjunktur abzugeben, haben wir versucht, eine etwas optimistischere und eine pessimistischere Einschätzung der Lage als Szenarien zu erstellen. Die Verknappung von Erdgas rückt zunehmend in den Fokus, neben den beharrlich anhaltenden Lieferkettenstörungen sowie den Problemen bei der Rohstoffversorgung.

Die Erwartungen der Unternehmen und der Konsumenten in Deutschland hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung haben sich weiter eingetrübt. Obwohl die Auftragsbücher der Industrie meist noch gut gefüllt sind, beeinträchtigten der Materialmangel und Verfügbarkeit von Rohstoffen die Produktion an vielen Stellen, die Kapazitäten können einfach nicht ausgelastet werden.

Nachfolgend stellen wir zwei Szenarien vor, wie sich die wirtschaftliche Lage auch für unsere Branche darstellen könnte, wobei wir zurzeit eher zur pessimistischen Variante tendieren, die aber nicht als „Worst Case Szenario“ zu verstehen ist:

Das Bruttoinlandsprodukt wird 2022 nur noch zwischen 1,5 und 2,7 Prozent zunehmen. Während im Verarbeitenden Gewerbe noch ein gewisser Zuwachs erwartet werden kann, im ungünstigen Fall ein Minus von 0,5 Prozent, sollte das Baugewerbe in jedem Fall mit einem Minus abschließen.

Industrielacke werden in der Entwicklung weiterhin durch die Krise bei den Autoserienlacken gebremst

Der Markt für Industrielacke wird nur im optimistischen Szenario leicht um 1 Prozent steigen. Relativ stark wird wiederum der Markt für Autoserienlacke zurückgehen, da auf der Beschaffungsseite der Fahrzeugindustrie weiterhin Engpässe auftreten.

Der Holzlackmarkt wird 2022 um 1 bis 3 Prozent schrumpfen. Neben der deutlichen Verteuerung der Holzwerkstoffe gibt es teilweise auch Materialverknappungen. Im Bereich der Autoreparaturlacke ist ein Anstieg von 1 bis 3 Prozent zu erwarten, da die Fahrleistung und damit die Unfallhäufigkeit im Vergleich zu 2021 wieder zunehmen werden. Für den Markt von Korrosionsschutzbeschichtungsstoffen ist aufgrund des Ausbaus der Windenergie und vermehrter Wartung der Verkehrsinfrastruktur ein Anstieg bis zu 2 Prozent zu erwarten.

Bautenfarbenmarkt bleibt rückläufig

Der Markt für Bautenanstrichmittel wird 2022 zwischen 2 und 5 Prozent zurückgehen. Wegen der rückläufigen Bau- und Renovierungstätigkeit wird das Minus im professionellen Bereich der Maler und Lackierer 1 bis 3 Prozent betragen. Im DIY-Geschäft wird der Rückgang mit 7 bis 10 Prozent noch stärker ausfallen, da die privaten Haushalte aufgrund der geringeren Belastung durch Corona ein höheres Arbeitsvolumen haben und auch dem wieder gesteigerten Freizeitangebot nachgehen.

Rückgänge bei den Druckfarben

Der Markt für Druckfarben bleibt vor allem im Bereich der Publikationen schwierig und wird in Deutschland 2022 um rund 2 Prozent zurückgehen.

Die Risiken nehmen weiter zu

Zurzeit gehen die größten Risiken von einer weiteren Verknappung des Erdgases aus. So wäre bei einem kompletten Lieferstopp russischen Gases vor allem die chemische Industrie betroffen, die teilweise Anlagen komplett herunterfahren müsste. Nachgelagerte Industriebereiche wie beispielsweise der Fahrzeug­bau oder die Elektrotechnik, die zu unseren Kunden zählen, wären davon ebenfalls massiv betroffen. Unklar ist auch, inwieweit das Angebot der Zwischenprodukte, die zur Herstellung von Lacken und Farben benötigt werden, zurückgehen wird.

Es wird von entscheidender Bedeutung sein, wie schnell es gelingt, alternative Energiequellen zu erschließen, auch wenn es zumindest für ein gutes Jahr nicht möglich erscheint, fehlendes Gas zu ersetzen.

Christoph Maier
ist Leiter Wirtschaft und Finanzen
beim Verband der deutschen Lack-
und Druckfarbenindustrie
maier@vci.de