Lacke & Farben aktuell

Weiter in die Krise oder Lösung in Sicht?

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Seit vielen Jahren weist der VdL zusammen mit seinen Partnern auf die regulatorische Verknappung der Konservierungsmittel, speziell der Isothiazolinone hin und betont, dass dies zu einer Krise bei wasserbasierten Produkten führen wird, sofern kein Umdenken in der Bewertungspraxis stattfindet. Die Thematik wurde in unzähligen Fachgesprächen und Positionspapieren adressiert. Erfreulicherweise wurde diese Problematik nun auch auf EU-Ebene erkannt: Die EU-Kommission hat einen Lösungsvorschlag exklusiv für Farben und Lacke vorgelegt.

 

Das Dokument der EU-Kommission mit dem unscheinbaren Kürzel CA-Dec22-Doc.5.5 und dem nüchternen Titel „Approval of skin sensitizers in in-can preservatives PT6“, das Ende November veröffentlicht wurde, hat es in sich. In dieser „Note for Agreement“, welche die Kommission den Mitgliedsstaaten vorgelegt hat, wird klar anerkannt, dass es einen Mangel an alternativen Wirkstoffen für Farben und Lacke gibt und die Verwendung von Handschuhen als Lösung vorgeschlagen. Bezeichnend ist dabei, dass der Lösungsvorschlag exklusiv für Farben und Lacke vorgelegt wurde – für andere Produktgruppen, wie z.B. Detergenzien wird keine Notwendigkeit gesehen. Damit hat die Debatte in den Gremien der Kommission und der ECHA, welche sich seit 2019 im Kreis drehte, eine überraschende und erfreuliche Wendung genommen.

 

Mitgliedstaaten positionieren sich deutlich

Dem Dokument waren Fragen der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten vorangegangen: Ob es hinreichend Alternativen bei den Konservierungsmitteln für Farben und Lacke gibt, ob bei einem Einsatz der Isothiazolinone – in einer Menge, die zu einer Einstufung als hautsensibilisierend führt – eine Beschränkung für die breite Öffentlichkeit nötig ist und ob Handschuhe als Risikominderungsmaßnahme akzeptabel wären. Dabei haben sich viele Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, erfreulich klar positioniert und betont, dass es bei Farben und Lacken tatsächlich einen Mangel an alternativen Wirkstoffen gibt, der im Bewertungsprozess berücksichtigt werden muss. Zwar sind die Mitgliedstaaten der Ansicht, dass eine Beschränkung für die breite Öffentlichkeit (d.h. im DIY-Bereich) bei einem Einsatz oberhalb der Einstufungsgrenze erforderlich ist, jedoch sehen sie die Verwendung von Handschuhen – zumindest temporär – als mögliche Lösung an.

 

Vorschlag nur für Farben und Lacke

Auf Basis dieser Rückmeldungen hatte die EU-Kommission zunächst vorgeschlagen, dass mit Isothiazolinonen konservierte Farben und Lacke, die als hautsensibilisierend eingestuft sind, auch im DIY verkauft werden dürfen. Dies allerdings in Verbindung mit einem Hinweis auf dem Gebinde, dass Handschuhe getragen werden müssen und der Verpflichtung, dass diese ggf. mit dem Gebinde geliefert werden. Die Details waren dabei noch nicht näher konkretisiert. VdL und CEPE hatten den Vorschlag unterstützt, allerdings auf eine praktikable Ausgestaltung gedrungen.

Der aktuelle Vorschlag der Kommission sieht vor, dass die Person, die für das Inverkehrbringen der eingestuft en Farbe verantwortlich ist, für die Mitlieferung geeigneter Schutzhandschuhe Sorge zu tragen hat. Das Etikett soll darauf hinweisen, dass bei der Verwendung Schutzhandschuhe getragen werden müssen.

Die Kommission sieht darin einen pragmatischen Ansatz, der Raum für Flexibilität lässt, ob die Handschuhe mit der Verpackung geliefert werden, oder ob sie an der Verkaufsstelle bzw. online zusammen mit der Farbe zur Verfügung gestellt werden sollen.

 

Lösung in Sicht?

Aus Sicht des VdL ist es sehr posi­tiv zu bewerten, dass die EU-Kommission eine Lösung für Farben und Lacke vorschlägt

Obgleich der VdL die Ableitung der spezifischen Konzentrationsgrenzwerte für viele Isothiazolinone, speziell MIT, kritisch bewertet, ist die vorgeschlagene Regelung zum Tragen von Handschuhen weitaus besser als ein generelles Verbot im DIY-Bereich. Neben dem komplett en Verzicht auf Topfkonservierer und dem Einsatz der Konservierungsmittel unterhalb der Einstufungsgrenze würde sich somit als dritte Möglichkeit die Verwendung von Handschuhen für den Markt eröffnen. Es ist ferner positiv zu bewerten, dass die Kommission versucht, eine praktische und pragmatische Lösung anzustreben. Auch wenn intensive Diskussionen innerhalb der Lieferkette zu erwarten sind, ist es sinnvoller und effizienter, die praktische Umsetzung der Kette zu überlassen, als starre und potenziell schwer durchführbare Regeln zu erlassen.

Der Vorschlag wird nun in der nächsten Sitzung zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten Anfang Dezember diskutiert. Aus Industriesicht ist zu hoffen, dass die Mitgliedstaaten weiterhin den Vorschlag der Kommission unterstützen und einen pragmatischen Ansatz mittragen. Denn die praktische Ausgestaltung ist am Ende entscheidend, ob damit eine gangbare Lösung geschaffen wird oder nicht.

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Kommentar

Ausdauer zahlt sich aus!

Nach über sechs Jahren intensiver Advocacy und einer im Kreis verlaufenden Diskussion zwischen ECHA und EU-Kommission, hatten nur wenige noch mit einem Durchbruch gerechnet. Verschiedene andere Verbände hatten daher ihre Bemühung zum Thema Topfkonservierung aus Mangel an Erfolgsaussichten bereits auf Eis gelegt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass sich die Ausdauer des VdL und seiner Partner gelohnt hat – das beständige Adressieren des Themas bei Behörden und Politik, die Mitarbeit an unzähligen Studien, z.B. in den Niederlanden oder in Deutschland, das Setzen von Impulsen im Verbändenetzwerk, sei es auf europäischer Ebene in der CEPE oder im VCI, und die enge inhaltliche Abstimmung und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Biozidherstellern zahlt sich nun aus. Da die EU-Kommission mit ihren Fragen an die Mitgliedstaaten, diesen die Verantwortung zu einem signifikanten Teil zugeschoben hatte, war deren Reaktion von entscheidender Bedeutung. Damit kam – neben der Arbeit der CEPE mit der Kommission – den nationalen Aktivitäten eine entscheidende Bedeutung zu. Die Tatsache, dass so viele EU-Staaten auf die Problematik hingewiesen haben, zeigt zum einen, dass das europäische Verbändenetz werk funktioniert hat und viele unserer Schwesterverbände den Dialog mit ihren Behörden gesucht haben. Es zeigt zum anderen aber auch, dass die europäischen Fachbehörden wissenschaftliche und sachliche Argumente gelten lassen und dann auch bereit sind, sich bei einem unpopulären Thema wie den Konservierungsmitteln zu positionieren. Auch wenn der aktuelle Vorschlag noch nicht endgültig in trockenen Tüchern ist und die Umsetzung die Branche vor einige Herausforderungen stellen dürfte, stellt dies eine sehr positive Wendung bei den Konservierungsmitteln dar.

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Dr. Christof Walter
ist Leiter Technik beim VdL
mit den Schwerpunkten Biozide,
Druckfarben und Produktinformationen.
walter@vci.de