Lacke & Farben aktuell

Unter strengerer Beobachtung

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Die Themen Lieferkette und Nachhaltigkeit beschäftigen auch die Lack- und Druckfarbenindustrie weiter. Nach dem umfassenden und umstrittenen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde im Sommer die neue EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD oder CS3D) veröffentlicht und muss nun in nationales Recht umgesetzt werden.

In Deutschland soll die Umsetzung der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) über eine Anpassung des LkSG erfolgen. Wir wollen daher nochmals einen Überblick über die Rahmenbedingungen der neuen Richtlinie und die Änderungen im Vergleich zum nationalen LkSG geben:

Deutsches Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Das LkSG gilt seit 2024 für Unternehmen ab 1000 Beschäftigte, seine Auswirkung betrifft allerdings auch kleinere Unternehmen und Lieferanten. Das Gesetz enthält Vorgaben zum Einhalten von Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette. Firmen müssen unter anderem negative Einflüsse der eigenen Wirtschaftsoperationen auf Menschenrechte und Umwelt identifizieren, dokumentieren und diese Risiken vermindern. Sie müssen Beschwerdemechanismen einrichten, sodass Arbeiter und Stakeholder Probleme ansprechen können. Außerdem müssen Firmen über ihre Sorgfaltspflichten öffentlich berichten. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder und Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen. Kritik kam auf, da Deutschland hier Vorreiter war, und andere EU-Länder keine entsprechenden Regelungen haben.

EU-Lieferkettengesetz (CSDDD)

Nun soll die neue Richtlinie zu Sorgfaltspflichten die Anforderungen in der EU vereinheitlichen und in einigen Aspekten erweitern bzw. verschärfen. Die CSDDD fordert eine doppelte Wesentlichkeitsprüfung und strengere Rechenschaftspflichten, die auch von den Nicht-EU-Unternehmen erfüllt werden müssen, die auf dem EU-Markt tätig sind. Ab 2027 müssen betroffene Unternehmen nachweisen, dass sie negative Umwelt- und Menschenrechtsauswirkungen in ihren Lieferketten verhindern oder abmildern.

Im Folgenden ein Überblick der wesentlichsten Unterschiede:

 

Die CSDDD gilt für ab 1000 Mitarbeitern und 450 Mio. Euro Jahresumsatz; Darüber hinaus sind auch Nicht-EU-Unternehmen von der Richtlinie erfasst, sofern sie einen Umsatz von 450. Mio. Euro in der europäischen Union erwirtschaften.

 

Für die Anwendung der Vorschriften gilt eine gestaffelte Übergangsphase (Art. 37), gerechnet ab 25. Juli 2024: Drei Jahre nach Inkrafttreten der RL (2027) haben Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von mehr als 1,5 Mrd. Euro die Vorschriften anzuwenden. Vier Jahre nach Inkrafttreten der RL (2028) haben Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von mehr als 900 Mio. Euro die Vorschriften anzuwenden. Ab 2029 müssen alle anderen Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 450 Mio. Euro sich an die Vorschriften halten.

 

Wichtig ist auch die Definition der Lieferkette: Die CSDDD umfasst einerseits Tätigkeiten der vorgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Herstellung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch das Unternehmen, einschließlich des Entwurfs, der Gewinnung, der Beschaffung, der Herstellung, des Transports, der Lagerung und der Lieferung von Rohstoffen, Produkten oder Teilen der Produkte sowie der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung. Andererseits schließt diese „Aktivitätskette“ auch die Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit ein, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten unmittelbar oder mittelbar für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens durchführen. Nach dem LkSG müssen Unternehmen grundsätzlich nur ihre eigenen Aktivitäten sowie die ihrer Tochtergesellschaften und unmittelbaren Lieferanten überprüfen. Lediglich bei konkreten Hinweisen sind auch mittelbare Lieferanten erfasst. Die CSDDD verlangt dagegen grundsätzlich eine Überprüfung aller vorgelagerten Lieferanten im Zusammenhang mit der Produktion von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen. Dies gilt auch für nachgelagerte Geschäftspartner im Zusammenhang mit Vertrieb, Transport und Lagerung des Produkts, sofern sie diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder in dessen Namen ausführen.

 

Im Fokus der Richtlinie stehen die in den Art. 7-16 und 22 geregelten Sorgfaltspflichten. Die Unternehmen müssen eine risikobasierte menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprüfung vornehmen.

 

Unternehmen sollen im Rahmen eines Klimaschutzplans darlegen, wie sie die Unternehmenspolitik mit dem Pariser-Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung um 1,5 Grad sowie mit dem EU-Ziel zur Klimaneutralität in Einklang bringen. Die Richtlinie listet in ihrem Annex auch zahlreiche internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt auf, die nach der CSDDD einzuhalten sind. Der Annex berücksichtigt zusätzlich u.a. messbare Umweltbeeinträchtigungen wie etwa: Bodenveränderungen, Wasser- oder Luftverschmutzungen, schädliche Emissionen, übermäßiger Wasserverbrauch sowie andere Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen.

 

Am kritischsten gesehen werden wohl Sanktionen und zivilrechtliche Haftung im Falle von Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten. Bei Verstößen können Bußgelder i.H.v. mindestens 5% des Jahresumsatzes des Unternehmens verhängt werden. Auch eine öffentliche Bekanntmachung, in der das verantwortliche Unternehmen und die Art des Verstoßes genannt werden, ist vorgesehen. Und im Gegensatz zum LkSG kennt die CSDDD einen speziellen zivilrechtlichen Haftungstatbestand für Schäden vor, die einer natürlichen oder juristischen Person aus einem Sorgfaltspflichtenverstoß entstanden sind. Zur gerichtlichen Durchsetzung der Schadensersatzansprüchen können Geschädigte auch NGOs ermächtigen, und die CSDDD sieht für die Erhebung von Schadensersatzklagen eine Verjährungsfrist von mindestens fünf Jahren ab Kenntnisnahme des Geschädigten vor.

Umsetzung für weniger Bürokratie nutzen

Für europäische Unternehmen ergeben sich aus den neuen Vorschriften jedenfalls weitreichende Pflichten. Die Bundesregierung ist gefordert, denn für die Wirtschaft sind handhabbare Rahmenbedingungen unerlässlich. Es gilt zu vermeiden, dass die Umsetzung der Richtlinie zu noch mehr Bürokratie, Rechtsunsicherheit und letztendlich zum Rückzug europäischer Unternehmen aus Wertschöpfungsketten führt. Gefordert wird, zeitgleich mit der Umsetzung der CSDDD ins nationale Recht die Chance zu nutzen, das nationale Lieferkettenrecht zu entbürokratisieren und den Unternehmen die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen bei der Implementierung der neuen Sorgfaltspflichten zur Verfügung zu stellen.

Alexander Schneider

Leiter Kommunikation

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