Lacke & Farben aktuell

Sinkende Exporte beunruhigen die Branche

|   Startseite weiß

Die gesamtwirtschaftliche Lage hat sich in Deutschland weiter verschlechtert – in vielen Bereichen gibt es massive Probleme. Auch in der Farbenindustrie häufen sich die Alarmzeichen. Das China-Geschäft ist bereits eingebrochen.

 

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist zuletzt im August auf 85,7 Punkte gefallen, nach 87,4 Punkten im Juli. Das ist der vierte Rückgang in Folge. Damit fiel die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage auf den niedrigsten Stand seit August 2020 – also mitten in der Pandemie.

Die schwache Nachfrage auf den Weltmärkten macht sich für die deutsche Exportnation zunehmend bemerkbar. Das zweite Halbjahr 2023 begann nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes

im Juli mit einem Minus bei den Ausfuhren von 1 Prozent verglichen zum Vorjahr.

Besonders im exportlastigen Maschinenbau haben sich die Aussichten weiter eingetrübt.

Ein ganzes Bündel von Problemen bereitet den Unter- nehmen in Deutschland immer größere Schwierigkeiten. Verschiedene Institutionen wie Wirtschaftsforschungs- institute, Gewerkschaften, aber auch die Interessenverbände der Industrie äußern sich hierzu immer eindringlicher.

Aus Umfragen bei den Unternehmen, hier beispielsweise unter den Mitgliedern des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) geht hervor,

dass das Bürokratieproblem wohl das schwerwiegendste dabei ist.

Verzögerungen bei Genehmigungen sind besonders oft zu beobachten, aber auch die Tendenz regulativ immer weiter draufzusatteln, anstatt zu vereinfachen, was sehr eindrucksvoll beispielhaft an dem Thema Sorgfalt in der Lieferkette abzulesen ist, bei dem nach der Einführung einer deutschen Regulierung nun auch noch europäisch weiter verschärft werden soll.

Nach wie vor wirken sich die immer noch relativ hohen Energie- und Rohstoffkosten negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen aus, hier muss eine dauerhafte Lösung gefunden werden, die verlässliche und niedrigere Stromkosten ermöglicht.

Die deutsche Bundesbank registriert in jüngster Zeit einen bemerkenswerten Nettoabfluss von Kapital ins Ausland, ein deutliches Zeichen für eine Investitionsschwäche in unserem Land. Dies zeigt einmal mehr die negative Einschätzung der Unternehmen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland,

zumal der Fachkräftemangel wieder deutlich zutage tritt.

Viele Lehrstellen konnten jetzt zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres nicht besetzt werden.

Es wird allerhöchste Zeit, dass die Politik auf diese Probleme der deutschen Industrie reagiert, bisher scheinen die durchaus positiven Ansätze wie das Wachstumschancengesetz zu zaghaft, es sollte hier deutlich mehr Volumen vorgesehen werden.

SITUATION DER LACK- UND FARBENINDUSTRIE

Die wirtschaftliche Lage in der Lack und Farbenindustrie ist bislang nicht ganz so schlecht wie in der gesamten chemischen Industrie, aber eben auch alles andere als zufriedenstellend. Auch hier mehren sich die Alarmzeichen.

Während der Inlandsmarkt für Lacke und Farben noch einigermaßen stabil verläuft, gingen die Exporte zuletzt unerwartet stark zurück,

so dass auch die Produktion in Deutschland deutlich gedrosselt werden musste.

Im ersten Halbjahr sind die Exporte von Lacken und Farben im Volumen sehr deutlich um 15,7 Prozent auf noch 361.000 Tonnen gesunken. Der Exportwert ging um 6,3 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro zurück. Bei den Druckfarben waren die Rückgänge noch stärker ausgeprägt: Die Menge schrumpfte um 36,9 Prozent auf noch 75.131 Tonnen, der Wert um 26,6 Prozent auf 395 Mio. Euro.

In den vergangenen Jahren gab es bei den Exporten von Lacken und Farben im Trend einen Anstieg, zumindest bis 2021.

 

Exportgeschäfte mit China brechen ein

In den ersten 6 Monaten sind jetzt die Ausfuhren vor allem nach Asien zurückgegangen. Ein regelrechter Einbruch der Exporte ist nach China zu verzeichnen.

Das Land ist von einer Konjunkturschwäche betroffen, die vor allem vom Bautensektor ausgeht,

so sind die Lieferungen von Lacken und Farben aus Deutsch land in der Menge um ganze 60 Prozent (!) auf nur noch 8.236 Tonnen zurückgegangen. Der Marktanteil Chinas schrumpfte damit von 4,8 Prozent im Jahr 2022 auf nur noch 2,3 Prozent im laufenden Jahr. Der Wert der Exporte nach China verminderte sich im ersten Halbjahr um 38 Prozent auf noch 48,6 Mio. Euro. Besonders starke Rückgänge der Ausfuhren waren bei den Dispersionsfarben und lacken zu verzeichnen, sie gingen in Menge und Wert um mehr als 70 Prozent zurück. Im industriellen Bereich schrumpften die Exporte mit einem Minus um die 30 Prozent weniger stark.

In Europa gingen die Exporte nach Österreich, Frankreich, Italien und Polen teilweise deutlich zurück, obwohl die konjunkturelle Entwicklung in diesen Ländern besser war als in Deutschland.

Der Inlandsmarkt in Deutschland ist hingegen nicht von so starken Rückgängen betroffen. Bei den Bautenfarben hat sich der DIYBereich nach einem schlechten Geschäft zum Jahresbeginn inzwischen erholt, bis zum Jahresende wird nur noch ein leichter Rückgang zu erwarten sein. Im Profisegment war der Rückgang etwas stärker, angesichts der sehr flauen Baukonjunktur jedoch besser als erwartet, was auf eine gewisse Erholung der Renovierungstätigkeit schließen lässt.

Die Nachfrage nach Industrielacken war insgesamt leicht positiv, der deutliche Zuwachs bei den Autoserienlacken konnte andere Bereiche wie Möbel/Holz und Haushaltsgeräte, die wegen einer schwachen Konsumneigung im Minus waren, überkompensieren.

Die Nachfrage nach Druckfarben war weiterhin schwach: Ähnlich wie auch der Export und die Produktion war der Inlandsverbrauch im ersten Halbjahr mit gut 10 Prozent deutlich rückläufig.

Die Aussichten für die nächsten Monate sind noch alles andere als gut, so sind die Wachstumsprognosen des Bruttoinlands produkts für 2024 bescheiden – sie liegen nach Schätzungen unter 1 Prozent. Umso wichtiger ist es für die Politik, durch geeignete Maßnahmen die Wirtschaft zu stützen, die hohe Steuer und Abgabenlast ließe sich auch relativ kurzfristig spürbar reduzieren.

Christoph Maier
ist Leiter Wirtschaft und Finanzen
beim Verband der deutschen Lack-
und Druckfarbenindustrie
maier@vci.de