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Quo vadis Green Deal?

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Der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans gilt als Architekt des europäischen Transformationsprojekts Green Deal. Mit seinem überraschenden Wechsel in die niederländische Politik verliert Brüssel einen leidenschaftlichen, charismatischen und im Machtpoker zwischen den EU-Institutionen mit allen Wassern gewaschenen Politiker.

Frans Timmermans war zweifellos einer der treibenden Kräfte und hat viele Maßnahmen des Green Deal durch die Untiefen der komplexen EU-Gesetzgebung gelotst. Dennoch bedeutet sein Weggang keinesfalls das Ende des Green Deals.

 

Der Lotse geht von Bord

Als „Gesicht des Green Deals“ wurde Frans Timmermans in der FAZ kürzlich sehr treffend bezeichnet, und in der Tat war er zweifellos der prominenteste Fürsprecher des Maßnahmenpakets, der sich wie kein Zweiter für eine ambitionierte legislative Umsetzung ein- gesetzt hat. Auch seine Gegner würden ihm zweifellos attestieren, mit voller innerer Überzeugung für diese Themen zu kämpfen. Nun hat er die Kommission verlassen, um Spitzenkandidat der niederländischen Sozialdemokraten und Grünen zu werden.

Zweifellos ist ein Politiker mit seiner Erfahrung und Leidenschaft, der fließend in sieben Sprachen den Green Deal gegenüber Rat und Parlament verteidigen kann, kaum zu ersetzen. Dennoch würde man einen Fehler begehen, wenn man den Green Deal nur mit der Person Timmermans verknüpfen würde. Es ist und bleibt das Vorzeigeprojekt der Kommissionsspitze, zu dem sich auch Präsidentin Ursula von der Leyen verpflichtet hat und an dessen Umsetzung unzählige Mitarbeiter in den verschiedenen Generaldirektionen der Kommission mit hohem Druck arbeiten. Weite Teile des Vorhabens haben bereits ihren Weg in die legislative Umsetzung in Rat und Parlament gefunden. Von daher wird und muss die EU-Kommission auch ohne Timmermans als „Lotse“ an der Umsetzung festhalten.

Mit dieser Aufgabe ist nun der Slowake Maroš Šefčovič betraut. Er gilt als Funktionär, der pragmatischer und industriefreundlicher als Timmermans auftritt. Als dienstältester Kommissar verfügt er ebenfalls über herausragende Erfahrung. Ob der personelle Wechsel nun Chancen für die Industrie eröffnet, da der leidenschaftliche Vordenker Timmermans durch einen nüchternen Pragmatiker ersetzt wurde, oder ob das Gegenteil der Fall ist und gerade ein Technokrat den Green Deal besser vollenden kann, bleibt abzuwarten.

Der in seinen Ambitionen zuletzt oft dogmatisch wirkende Timmermans, habe jedenfalls, wie es die FAZ analysiert, dadurch oft Kompromisse erschwert, und drohte vom „Motor“ zur „Bremse“ zu werden. Fakt ist jedenfalls, dass auch die nächsten Monate bis zur Europawahl im Juni 2024 in Brüssel von der Umsetzung des Green Deal geprägt sein werden.

 

Green Deal – Was steht noch aus?

Circular Economy Action Plan

Bezüglich der Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) liegt ein Entwurf der Kommission vor, welcher aktuell in Parlament und Rat diskutiert wird. Allerdings werden viele Details auf zukünftige nachgeschaltete Rechtsakte verschoben. Die gleiche Situation liegt bei der Ökodesignverordnung vor. Die Regelungen zu Umweltaussagen (Green Claims) werden ebenfalls aktuell in Rat und Parlament behandelt, müssen dann aber noch in nationales Recht umgesetzt werden.

Chemikalienstrategie

Hier sind bisher nur die neuen Gefahrenklassen legislativ final umgesetzt und veröffentlicht sowie die Empfehlung zu Safe and Sustainable by Design Chemicals. Bezüglich der Revision des CLP-Rechtstextes liegt ein Entwurf der Kommission vor, der aktuell in Parlament und Rat diskutiert wird. Für die Revision der REACH-Verordnung wird ein Vorschlag der EU-Kommission für diesen Herbst oder Winter erwartet.


 

Dr. Christof Walter

Geschäftsführer

Tel.: 069 2556 1719
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