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Biozide: Neue Studie

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Die Problematik der Verknappung von Konservierungsmitteln für Farben und Lacke beschäftigt nicht nur die Industrie, inzwischen ist das Thema auch bei verschiedenen europäischen Mitgliedsstaaten angekommen: Nach Dänemark und Deutschland veröffentlichen nun auch die Niederlande eine wissenschaftliche Studie, die den Fokus auf die mögliche Förderung von biozidfreien Lösungen legt, aber auch die Grenzen und die Schwächen des aktuellen Rechtsrahmens aufzeigt.

Ausgewogene Analyse trotz einseitigem Auftrag

Bereits der Titel „In-can preservatives in the paint industry: How to stimulate alternatives to biocides“ zeigt auf, worum es dem Auftraggeber der Studie, dem niederländischen Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft, geht, nämlich, Alternativen zu Bioziden zu finden. Auch wenn gleich zu Beginn betont wird, dass keine Wertung vorgenommen werden soll, ob man Biozide ersetzen sollte oder nicht, sondern nur darum, wie man das erreichen könnte, wenn man denn wollte. Dennoch steckt in dem Auftrag eine gewisse Voreingenommenheit. Diese stellt das größte Manko der Studie dar: So wurden beispielsweise keine Gespräche mit Biozidherstellern geführt, da man wohl annahm, dass diese trotz aller Expertise nichts zum Thema Alternativen beitragen können oder wollen.

Abgesehen von diesem Manko ist den Autoren der Studie, Experten des Consultant „Royal HaskoningDHV“, eine durchaus treffende Beschreibung der aktuellen Problematik gelungen, was zur Ausgewogenheit der Analyse beiträgt. Im Rahmen der Studie gab es umfangreiche Gespräche des Consultants mit Experten, unter anderem mit der VdL-Geschäftsstelle und Fachleuten aus den VdL-Mitgliedsunternehmen. So wird die grundsätzliche Problematik und die Komplexität des Themas gut erläutert, und es wird ebenfalls deutlich, dass ein vollständiger Verzicht auf Konservierungsmittel nicht ohne weiteres darstellbar wäre. Ferner werden auch die Nachteile des regulatorischen Rahmens, insbesondere der Verordnung über Biozidprodukte (BPR), herausgearbeitet und aufgezeigt, dass die BPR zu einer Verknappung der Wirkstoffe führt, ohne Innovationen zu begünstigen.

Biozidfreie Farben – Deutschland als Vorreiter?

Die Studie hebt insbesondere die Rolle der biozidfreien weißen Wandfarben in Deutschland mit einem geschätzten Marktanteil von 50 Prozent hervor und stellt fest, dass es in den anderen EU-Ländern keine Entwicklungen in vergleichbarem Ausmaß gibt. Als Erklärung wird insbesondere die Rolle des deutschen Umweltzeichens „Blauer Engel“ betont. Auch wenn es unstrittig ist, dass der "Blaue Engel" eine erhebliche Marktbedeutung hat, verkennt die Studie, dass auch ein Umweltzeichen Biozidfreiheit nur dann sinnvoll fordern kann, wenn entsprechende Produkte bereits am Markt verfügbar sind und unterschätzt damit die Innovationskraft des Marktes. 

Dies kommt auch in der anschließenden Analyse verschiedener Szenarien zum Ausdruck, wie biozidfreie Lösungen durch Anreize und Regularien etabliert werden könnten. Positiv ist hervorzuheben, dass die niederländische Studie die wissenschaftlichen und technischen Limitierungen stets im Blick behält und deutlich macht, dass es zwar für weiße Wandfarben biozidfreie Alternativen gibt, dies jedoch für viele andere Lacktechnologien nicht der Fall ist.

Studien zu Konservierungsmitteln in Farben und Lacken

1. 2018, Dänemark, Reducing biocide concentrations for preservation of water-based paints

In Zusammenarbeit mit einem dänischen Farbenhersteller wurden verschiedene Maßnahmen, wie verbesserte Rohstoffauswahl oder erhöhte Betriebshygiene, um die Konzentration der eingesetzten Konservierungsmittel zu minimieren, untersucht.


2. 2020, Deutschland, Survey on alternatives for in-can preservatives for varnishes, paints and adhesives

In dieser Studie, welche auf Literaturrecherchen und Experteninterviews mit Vertretern der betroffenen Branchen sowie der gesetzlichen Unfallversicherer basiert, wurde untersucht, welche Risiken mit dem Einsatz von Konservierungsmitteln verbunden sind und welche Alternativen gegenüber der bestehenden Konservierung möglich sind.


3. 2021, Niederlande, In-can preservatives in the paint industry: How to stimulate alternatives to biocides

 

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Kommentar

Ergebnisse der Studien müssen in konkrete Lösungen überführt werden

Die politische Diskussion zur regulatorischen Verknappung von Konservierungsmitteln kreist auf europäischer Ebene seit geraumer Zeit zwischen den Expertengremien der Kommission und den Gremien der ECHA, jedoch ohne bisher zu konkreten Ergebnissen zu führen. In der Zwischenzeit sind verschiedene Studien der Mitgliedsstaaten erschienen, die viele der Aussagen und Warnungen der Industrie bestätigen. Die Problematik ist folglich bei den Mitgliedsstaaten angekommen, allerdings scheint bisher der politische Wille zu fehlen, konkrete Lösungen daraus abzuleiten. Dabei sollten die Ergebnisse der Studien, in Verbindung mit den unzähligen Informationsmaterialien der betroffenen Branche, nun wirklich eine hinreichende Basis für politischer Entscheidungen bilden. Es bleibt zu hoffen, dass die niederländische Studie der politischen Debatte einen weiteren Impuls geben kann, damit zeitnah konkrete Lösungen gefunden werden können.

Dr. Christof Walter
ist Leiter Technik beim VdL
mit den Schwerpunkten Biozide,
Druckfarben und Produktinformationen.
walter@vci.de