Die sogenannte „Druckfarbenverordnung“ wurde 2021 veröffentlicht, und legt Regelungen für bedruckte Lebensmittelverpackungen in Deutschland fest. Es gilt jedoch eine Übergangsfrist bis 1. Januar 2026. Diese Frist wurde gesetzt, damit Hersteller chemischer Stoffe, die zur Herstellung von Druckfarben verwendet werden, noch weitere Stoffe auf die zentrale „Positivliste“ der Verordnung setzen lassen können. Denn es können im Wesentlichen nur gelistete Stoffe gemäß der Verordnung verwendet werden. Dazu müssen Dossiers mit toxikologischen Daten beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eingereicht werden. Ein Pilotprojekt von Industrie, Bundesministerien und Bundesbehörden hat nun Klarheit in Bezug auf in der Verordnung offengebliebene Fragen geschaffen.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Ein großes Hemmnis für die Hersteller chemischer Stoffe bei der Erstellung der Dossiers sind Unklarheiten in Bezug auf bestimmte Anforderungen, insbesondere solche, die die toxikologischen Daten zu Nebenprodukten oder Verunreinigungen der Stoffe betreffen. Dies macht die damit verbundenen Kosten schwer kalkulierbar und sorgt für Verzögerungen im Prozess, wenn das BfR immer wieder Daten nachfordern muss. Ein weiteres Problem ist, dass, anders als etwa bei der REACH-Verordnung, keine Mechanismen zur Daten- oder Kostenteilungen vorgesehen sind; das sieht die Bedarfsgegenständeverordnung nicht vor. In der Regel wird daher immer ein Hersteller in Vorleistung gehen müssen und die gesamten Kosten zur Generierung der Daten tragen. Wenn der Stoff aber einmal auf der Positivliste aufgeführt ist, dann kann er auch von anderen Lieferanten vermarktet werden.
Pilotprojekt zur Kostenteilung
Um diese Defizite zumindest abzumildern, hat das federführende Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) parallel zur Verkündung der Verordnung ein Pilotprojekt „Kostenteilung Unternehmen“ gestartet. In diesem Projekt, welches unter Beteiligung des BfR, des BMWK, des VdL und zeitweise auch Vertretern der Stoffhersteller durchgeführt wurde, sollten diese Fragen unter Berücksichtigung des bestehenden rechtlichen Rahmens anhand von Photoinitiatoren, die als Pilotsubstanzen dienten, exemplarisch diskutiert werden. Auch wenn der VdL sich grundsätzlich – wie die gesamte Lebensmittelverpackungskette – für eine harmonisierte europäische Regelung für bedruckte Lebensmittelkontaktmaterialien ausspricht und nationale Vorgaben für nicht zielführend hält, hat sich der Verband intensiv in das Projekt eingebracht, um gemeinsam mit den Behörden zu konstruktiven Lösungen zu kommen. Auch die Experten des europäischen Druckfarbenverbandes EuPIA haben - vor allem, was die Analytik und die Toxikologie angeht - durch das Bereitstellen und Aufbereiten von Unmengen an Daten und ihrer fachliche Expertise die VdL-Delegation immens unterstützt.
Nach fast drei Jahren und zehn Meetings ist das Projekt nun zu einem Ende gekommen. Die Ergebnisse, welche im Abschlussbericht festgehalten sind, können sich aus Sicht des VdL sehen lassen.
Auch wenn der Rechtsrahmen keine echte Kostenteilung wie bei REACH zulässt, konnte zumindest ein Verfahren zur freiwilligen Kostenteilung etabliert werden, das bereits zu Interessensbekundungen über die BMEL-Webseite geführt hat. Besonders hervorzuheben ist jedoch, dass Industrie und BfR ein gemeinsames Verständnis zur toxikologischen Bewertung der Spaltprodukte der Photoinitiatoren finden konnten. Auch wenn die Dossiererstellung weiterhin ein sehr aufwendiges und kostspieliges Unterfangen bleibt, dürften es die Ergebnisse für die Stoffhersteller erheblich leichter machen, die Kosten zu kalkulieren und die Barriere für die Dossiererstellung somit senken. Die Ergebnisse sollten sich auch auf Verunreinigungen oder Reaktionsprodukte in anderen Stoffgruppen jenseits von Photoinitiatoren übertragen lassen. „Der VdL ist zwar nach wie vor der Ansicht, dass das Positivlistenkonzept überholt ist, und es modernere Regelungsansätze gibt, EuPIA hat hierzu zusammen mit der europäischen Lebensmittelverpackungskette Vorschläge unterbreitet. Innerhalb des gegebenen Rechtsrahmens sind allerdings die Ergebnisse des Pilotprojektes ein Meilenstein", kommentiert VdL-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Kanert das Ergebnis. „Es ist sehr erfreulich, dass es gelungen ist, Lösungen zu finden und wir danken den beteiligten Ministerien sowie dem BfR für die intensiven und sehr konstruktiven Diskussionen.“
Ergebnisse und Konsequenzen für die Branche
Auch wenn sich abzeichnet, dass die Positivliste bis 1. Januar 2026 nicht komplettiert wird, dürften die Ergebnisse dabei helfen, in der verbleibenden Zeit noch letzte Stoffe auf die Liste zu setzen. VdL und EuPIA stehen hierzu in engem Austausch mit den Verbänden der Stoffhersteller. In jedem Fall geht der VdL aktuell davon aus, dass es für die meisten Anwendungen möglich sein wird, rechtzeitig entsprechende Druckfarben, mit denen die Vorgaben der Verordnung erfüllt werden können, zur Verfügung zu stellen. In vielen Fällen sind jedoch umfangreiche und ressourcen- sowie kostenintensive Reformulierungen nötig. Ferner sind gegebenenfalls Performance-Einschränkungen der reformulierten Produkte nicht auszuschließen.
Hintergrund: Spezifischere Auskünfte können die jeweiligen Hersteller der Druckfarben geben. Weitere Informationen finden sich hier: https://www.wirsindfarbe.de/service-publikationen/informationsmaterial-druckfarben/druckfarben-fuer-lebensmittelverpackungen/informationsvermerk-druckfarbenverordnung
Um die Kunden über den aktuellen Stand zu informieren, plant der VdL in diesem Frühjahr ein Webseminar in deutscher und englischer Sprache, weitere Informationen dazu werden folgen.