Der Stoff Bisphenol A (BPA) steht seit langem im Fokus und ist als „Hormongift“ in den Medien präsent. In der Lack- und Druckfarbenindustrie wird BPA als solches üblicherweise nicht verwendet, aber teilweise auf BPA-beruhende Polymere (z.B. Epoxidharze). Der Gesetzgeber ist an verschiedenen Stellen aktiv: während die REACH-Beschränkung noch auf sich warten lässt, steht das Verbot in Lebensmittelkontaktmaterialien unmittelbar bevor.
In Anbetracht der (öko)toxikologischen Eigenschaften von BPA, angesichts des medialen Interesses und des damit verbundenen Drucks von NGO-Seite sowie der Tatsache, dass in der Umwelt gewisse BPA-Konzentrationen feststellbar sind, ist es verständlich, dass der Stoff im Fokus verschiedener regulatorischer Bemühungen steht.
Umwelt: REACH-Beschränkung kommt verzögert
Auf der einen Seite erarbeiten die zuständigen deutschen Behörden eine maßgeschneiderte REACH-Beschränkung (inzwischen ist BPA als besonders besorgniserregender Stoff unter Beobachtung), die diejenigen Verwendungen regulieren soll, die zu einer Emission in die Umwelt führen. Dieser Ansatz wird im Grundsatz vom VdL unterstützt, da sich so das Problem der Emission in die Umwelt am besten adressieren lässt. Farben und Lacke auf der Basis von Epoxidharzen stellen hierbei keine relevante Quelle für die Emission von BPA in die Umwelt dar. Bei der öffentlichen Konsultation 2023 sind jedoch so viele relevante Kommentare eingegangen, dass die Behörden entschieden haben, das Dossier komplett zu überarbeiten. Eine neue Einreichung wird Anfang 2025 erwartet.
Lebensmittel: Wissenschaftlicher Disput über Grenzwert
Neuere Entwicklungen gibt es im Bereich der Lebensmittelkontaktmaterialien. Hier gelten schon länger gesetzliche Grenzwerte, insbesondere eine Verordnung von 2018 definiert klare Regeln für Lacke und Beschichtungen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. Allerdings hat die europäische Lebensmittelbehörde 2023 eine neue Bewertung von BPA durchgeführt und den Grenzwert für die täglich erlaubte Aufnahme um den Faktor 20.000 (!) abgesenkt. Interessanterweise kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu einer deutlich abweichenden Bewertung (Faktor 1000!). Wörtlich heißt es: „Das BfR unterstützt den von der EFSA abgeleiteten neuen TDI aufgrund mehrerer wissenschaftlicher und methodischer Unstimmigkeiten (Divergenzen) nicht“. Laut BfR wurden auch noch keine gesundheitsschädlichen Wirkungen der aktuellen BPA-Aufnahmemenge für Menschen nachgewiesen.
Verbot in Lebensmittelkontakt kurz vor Veröffentlichung
Dennoch hat die Europäische Kommission nun auf Basis der EFSA-Bewertung ein Verbot der Verwendung von BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien beschlossen. Für eine Bewertung sei auf die Stellungnahme des Lebensmittelverbandes Deutschland verwiesen.
Was Farben und Lacke angeht, so will die Kommission die absichtliche Verwendung von BPA in FCM verbieten. Überwachungs- und Berichtspflichten sollen das Verbot ergänzen das Verbot. In vielen Bereichen der Lack- und Druckfarbenindustrie sind BPA-basierte Formulierungen im Lebensmittelkontakt ohnehin kaum mehr relevant, wie z.B. bei den Druckfarben, wo der Markt die regulatorische Entwicklung bereits in weiten Teilen vorweggenommen hat. Von großer Bedeutung sind Epoxidharze aber bei Dosenbeschichtungen und großen Tanks beispielsweise im Heavy-Duty-Bereich. Während es bei Dosenbeschichtungen inzwischen Alternativen gibt, ist dies bei den großen Tanks nicht der Fall. Hier hat die Kommission jedoch eine Ausnahme für Epoxidharze für Tanks mit einem Volumen von über 1000 L vorgesehen.
Zusammen mit dem Lebensmittelverband Deutschland setzte sich der VdL aktuell für eine praktikable Klärung der noch offenen Fragen und letzten Details ein. Aktuell wird davon ausgegangen, dass das Verbot zeitnah veröffentlicht wird und Ende des Jahres in Kraft tritt.